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21.11.2016 Zivilrecht

OGH: Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB iZm 80 cm über dem Boden zwischen Eisenstehern gespannter Nylonschnur auf einer als Mountainbikestrecke zur Verfügung gestellten Weide

Es ist aufgrund der Gestaltung des Weidezauns, der seltenen Benutzung der Wiese zu Weidezwecken und der häufigen Frequentierung der Strecke durch Radfahrer keine unvertretbare rechtliche Beurteilung, wenn die Vorinstanzen die Haftung des Beklagten nach § 1319a ABGB bejaht haben


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Wegehalterhaftung, Mountainbikestrecke, Weide, Nylonschnur
Gesetze:

 

§ 1319a ABGB

 

GZ 5 Ob 130/16b [1], 25.08.2016

 

OGH: Der Wegehalter haftet ua, sofern atypische Gefahrenquellen nicht beseitigt oder als solche erkenntlich gemacht werden. Es kommt im jeweils zu prüfenden Einzelfall darauf an, ob er die ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um eine gefahrenlose Benutzung des Wegs sicherzustellen. Die Beurteilung, ob die Unterlassung einer zumutbaren Maßnahme als grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, begründet ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.

 

Es ist richtig, dass der OGH eine elektrische Viehsperre auf einer für den Mountainbikeverkehr freigegebenen Forststraße nicht als atypische Gefahrenquelle angesehen hat. Es handelte sich bei dieser Sperre aber um zwei schwarze, gelb markierte Glasfiberstäbe, die an links und rechts der Forststraße stehenden, aus 55 m wahrzunehmenden Holzpfosten angebracht waren und sich bei Durchfahrt eines Fahrzeugs automatisch öffneten. Neben einem der Holzpfosten befand sich ein Durchgang für Fußgänger.

 

Diese Viehsperre war für einen herannahenden Mountainbikefahrer wesentlich auffälliger als die im vorliegenden Fall über eine (als Mountainbikestrecke zur Verfügung gestellte) Weide 80 cm über dem Boden zwischen Eisenstehern gespannte Nylonschnur. Rund 120 m vor diesem aus etwa 17 m sichtbaren Weidezaun wies ein gelbes Schild zwar auf Weidevieh und das Betreten und Befahren auf eigene Gefahr hin. Weidevieh befindet sich an dieser Stelle aber nur etwa zweimal jährlich für eine Woche bis 14 Tage. Am Tag des Unfalls war kein Vieh auf der Weide, die von vielen Radfahrern benützt wird. Die Situation ist jener vergleichbar, die der Entscheidung 4 Ob 211/11z zugrunde lag. Dort hat der OGH die Wegehalterhaftung bei Errichtung eines kaum sichtbaren, nicht gekennzeichnetem Weideabsperrbands auf einem Forstweg bejaht.

 

Es ist aufgrund der Gestaltung des Weidezauns, der seltenen Benutzung der Wiese zu Weidezwecken und der häufigen Frequentierung der Strecke durch Radfahrer keine unvertretbare rechtliche Beurteilung, wenn die Vorinstanzen die Haftung des Beklagten nach § 1319a ABGB bejaht haben.