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07.02.2017 Verfahrensrecht

OGH: Zur internationalen Zuständigkeit beim „Domain-Grabbing“

Bei bloßer Erfolgsortzuständigkeit (Art 5 Nr 3 EuGVVO) besteht keine Möglichkeit, dem Beklagten auch das Unterlassen der Domainnutzung außerhalb des Gerichtsstaats aufzutragen


Schlagworte: Europäisches Verfahrensrecht, internationale Zuständigkeit, Domain-Grabbing, Lauterkeitsrecht, Übertragung, Löschung, Registrierungsstaat, Unterlassung, Schadenersatz, Erfolgsort
Gesetze:

 

Art 5 Nr 3 EuGVVO, Art 5 Nr 3 LGVÜ

 

GZ 4 Ob 45/16w, 20.12.2016

 

OGH: Hat die Registrierung von Domains (auch) Auswirkungen auf den österreichischen Markt, können daraus lauterkeitsrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche resultieren. Ob es sich dabei um eine unlautere Behinderung handelt, ist nicht auf der Ebene der Zuständigkeit zu beurteilen. Es genügt dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht in der Lage ist, (a) die Domain „stubhub.at“ in Österreich für sich zu registrieren und umfassend zu nutzen und (b) sich mit der Domain „stubhub.ch“ auch an österreichische Kunden zu wenden.

 

Die Begehren auf Übertragung, hilfsweise auf Löschung der Domains sind im jeweiligen Registrierungsstaat umzusetzen und haben, jedenfalls bei länderspezifischen Top-level-Domains idR dort die größten wirtschaftlichen Auswirkungen. Bei wertender Betrachtung ist daher anzunehmen, dass sich diese Ansprüche auf den im Registrierungsstaat eingetretenen Schaden beziehen und daher im Anwendungsbereich von Art 5 Nr 3 EuGVVO (nur) unter die Kognition der Gerichte dieses Staats fallen. Dies führt zur Zuständigkeit des österreichischen Erfolgsortgerichts für die Ansprüche auf Übertragung, hilfsweise Löschung der Domain „stubhub.at“, nicht jedoch für diese Ansprüche in Bezug auf die Domain „stubhub.ch“. Letztere könnten nur am Sitz des Beklagten (in Deutschland) und allenfalls nach Art 5 Nr 3 LGVÜ in der Schweiz geltend gemacht werden.

 

Anders verhält es sich in Bezug auf den Unterlassungsanspruch: Dieser kann auf die Abrufbarkeit einer Website in einem bestimmten Staat beschränkt werden. Insofern bezieht er sich - unabhängig vom Ort der Registrierung der Domain - auf den Schaden, der in diesem Staat eintritt oder einzutreten droht. Ein auf den Gerichtsstaat beschränktes Unterlassungsbegehren fällt daher unter die Kognition jedes Gerichts, in dessen Sprengel sich nach dem Vorbringen des Klägers die (beabsichtigte) Nutzung auswirkt. Hingegen besteht bei bloßer Erfolgsortzuständigkeit keine Möglichkeit, dem Beklagten auch das Unterlassen der Domainnutzung außerhalb des Gerichtsstaats aufzutragen.