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31.07.2017 Zivilrecht

OGH: Zur Aufsichtspflicht einer Kindergärtnerin (iZm Verletzung einer Fünfjährigen im Turnsaal)

In seiner Beurteilung, die Kindergärtnerin, die beim Vorfall 21 Kinder allein betreute, habe ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzt, dass sie die Kinder auf einer in eine Sprossenwand in einer Höhe von 1,20 Meter eingehängten Langbank auch paarweise und zu einem Zeitpunkt rutschen ließ, als sie selbst anderwärtig im Raum beschäftigt war und daher nicht neben der Rutschkonstruktion stehen konnte, ist dem Berufungsgericht keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom OGH aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Aufsichtspflicht, Kindergärtnerin, Turnsaal
Gesetze:

 

§ 1309 ABGB

 

GZ 4 Ob 99/17p [1], 13.06.2017

 

OGH: Das Maß der Aufsichtspflicht bestimmt sich danach, was angesichts des Alters, der Eigenschaft und der Entwicklung des Aufsichtsbedürftigen vom Aufsichtsführenden vernünftigerweise verlangt werden kann. Das Maß der gebotenen Sorgfalt bei Bestehen einer Aufsichtspflicht ist jeweils im Einzelfall danach zu beurteilen, wie sich ein „maßgerechter“ Mensch in der konkreten Situation des Aufsichtspflichtigen verhalten hätte. Konkret vorhersehbare Gefahren sind zu vermeiden. Für das Ausmaß der Aufsichtspflicht sind immer die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falls maßgeblich. Die Frage, ob eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat sie auf den konkreten Einzelfall angewendet. In seiner Beurteilung, die Kindergärtnerin, die beim Vorfall 21 Kinder allein betreute, habe ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzt, dass sie die Kinder auf einer in eine Sprossenwand in einer Höhe von 1,20 Meter eingehängten Langbank auch paarweise und zu einem Zeitpunkt rutschen ließ, als sie selbst anderwärtig im Raum beschäftigt war und daher nicht neben der Rutschkonstruktion stehen konnte, ist dem Berufungsgericht keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom OGH aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste.

 

Ob der Klagsanspruch zusätzlich auch auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des StKBBG gestützt werden könnte oder nicht, kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen, weil sich die Verletzung der Aufsichtspflicht auch ohne ein solches Gesetz jedenfalls vertretbar bejahen lässt.