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19.03.2018 Zivilrecht

OGH: § 1497 ABGB – zur Unterbrechungswirkung von Privatbeteiligtenanschlüssen

Der Gesetzgeber sieht für die verjährungsunterbrechende Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche durch den Privatbeteiligtenanschluss dessen Zustellung an den Schädiger gerade nicht vor


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Unterbrechung der Verjährung, Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren, Kenntnis des Schädigers vom Privatbeteiligtenanschluss
Gesetze:

 

§ 1497 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 67 StPO, § 65 StPO; § 366 StPO

 

GZ 1 Ob 28/18a [1], 27.02.2018

 

OGH: Mit den im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zum Formerfordernis und zum Inhalt des Privatbeteiligtenanschlusses hat sich der OGH bereits in der E 10 Ob 45/17s auseinandergesetzt und das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO verneint. Auf diese Ausführungen, denen sich inzwischen der erkennende und andere Senate des OGH angeschlossen haben, kann verwiesen werden.

 

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass in jenem Straf- und in diesem Zivilverfahren der Schädiger vom Berechtigten wegen des gleichen Vermögensnachteils belangt wurde und dieser Vermögensnachteil unter Nennung des Kaufpreises und unter Bezugnahme auf die unrichtigen Ad-hoc-Meldungen auch ausreichend konkretisiert und individualisiert wurde, ist nicht zu beanstanden und bedarf keiner Korrektur. Es reicht aus, wenn das Bestehen eines aus der Straftat entstandenen, im Zivilrechtsweg geltend zu machenden Anspruchs schlüssig behauptet wird und sich ein Zusammenhang zwischen der Tat (also dem Lebenssachverhalt und nicht [zwingend] seiner rechtlichen Qualifikation als eine bestimmte strafbare Handlung) und dem Anspruch ableiten lässt, und zwar unabhängig davon, ob vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten vorliegt bzw ob die angeklagte Straftat überhaupt begangen wurde. Erkennbar war damit hier, von wem und weswegen der Kläger als Privatbeteiligter Ersatz verlangte.

 

Nach stRsp hat der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren dieselben rechtlichen Wirkungen iSd § 1497 ABGB wie eine Klage. Da ein zivilrechtlicher Anspruch auch im Strafverfahren im Wege der Privatbeteiligung geltend gemacht werden kann, kommt dieser Erklärung grundsätzlich verjährungsunterbrechende Wirkung zu. Diese Rsp wurde auch nach dem Strafprozessreformgesetz fortgesetzt. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs 2 StPO beginnt das Strafverfahren, sobald die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zu ermitteln beginnt. Das Strafverfahren endet durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung. Privatbeteiligter (§ 65 Z 2 StPO) kann nur sein, wer Opfer (§ 65 Z 1 StPO) ist. Der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren erfolgt durch Erklärung (§ 67 Abs 2 StPO) gegenüber Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder nach Einbringung der Anklage dem Gericht (§ 67 Abs 3 Satz 1 StPO). Für die Unterbrechung der Verjährung reicht, dass der Kläger die klagsgegenständlichen Ansprüche innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist ausreichend konkretisiert und individualisiert im Strafverfahren als Privatbeteiligter geltend macht.

 

Mit ihrer Behauptung (im Anschluss an G. Schima/Wallisch, Keine „Belangung“ gem § 1497 ABGB durch Privatbeteiligtenanschluss ohne Information des Schädigers, wbl 2017, 559 [561 ff]), ein Privatbeteiligtenanschluss im Strafverfahren unterbreche per se die Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht gem § 1497 ABGB und Voraussetzung für die Verjährungsunterbrechung sei, dass der Schädiger vom Privatbeteiligtenanschluss Kenntnis erlange, weicht die Revisionswerberin von der zitierten stRsp ab. Der Begriff „vom Berechtigten belangt“ bringt zum Ausdruck, dass die gerichtliche Geltendmachung auch auf andere Art als durch Klage erfolgen kann. Die Verständigung vom Privatbeteiligtenanschluss durch die Strafverfolgungsbehörden ist von keinem Gesetz vorgesehen. Diese Rechtslage führt aber nicht dazu, dass die Verständigung vom Geschädigten selbst vorgenommen werden müsste, um die Unterbrechungswirkung auszulösen. Die Übermittlung der Anschlusserklärung mit beziffertem Begehren an den Schädiger durch den Privatbeteiligten verlangt § 1497 ABGB für die Unterbrechung der Verjährung gerade nicht. Der Geschädigte hat durch den ordnungsgemäßen Privatbeteiligtenanschluss im Strafverfahren des Schädigers seine Rechte gewahrt. Ihm ist kein objektiver Nachlässigkeitsvorwurf bei der Verfolgung seiner privatrechtlichen Ansprüche zu machen, wenn er im Strafverfahren keine weiteren Schritte setzt. Wird nach begangener Straftat gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren eingeleitet, muss dieser bei Schäden mit privatrechtlichen Ansprüchen des Opfers rechnen. Ein Privatbeteiligtenanschluss ist in diesem Fall nicht ungewöhnlich. Wird der Angeklagte verurteilt, so ist im Urteil über die privatrechtlichen Ansprüche zu entscheiden (§ 366 Abs 2 Satz 1 StPO). Die Ansicht von G. Schima/Wallisch würde dazu führen, dass trotz allein ausreichenden Privatbeteiligtenanschlusses mangels Verständigung des Beschuldigten während des länger dauernden Strafverfahrens bereits Verjährung des Anspruchs eintreten könnte. Gerade dafür gibt es in der StPO aber keine Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber sieht für die verjährungsunterbrechende Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche durch den Privatbeteiligtenanschluss dessen Zustellung an den Schädiger gerade nicht vor.