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11.06.2018 Zivilrecht

OGH: Schenkungsanrechnung nach § 782 ABGB nF – Berücksichtigung einer außerhalb der Zweijahresfrist erfolgten Schenkung bei (behauptetem) Umgehungsgeschäft bzw Rechtsmissbrauch?

Die durch die Festlegung der Zweijahresfrist als „kritische Zeit für Umgehungen des Noterbrechts“ zum Ausdruck gebrachte Wertung des Gesetzgebers ist abschließend; erfolgte die Schenkung an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person vor der Zweijahresfrist des § 782 ABGB, können sich die Pflichtteilsberechtigten daher nicht erfolgreich darauf stützen, dass die Schenkung rechtsmissbräuchlich nur zur Vermeidung einer Schenkungsanrechnung vorgenommen worden sei


Schlagworte: Erbrecht, Schenkungspflichtteil, Schenkungsanrechung, Zweijahresfrist, Umgehungsgeschäft, Rechtsmissbrauch
Gesetze:

 

§ 782 ABGB nF, § 785 aF, § 1295 ABGB

 

 

GZ 2 Ob 80/18f [1], 25.04.2018

 

OGH: Der OGH hat in der E 2 Ob 145/16m EF-Z 2017/37 in einem Fall, dem ebenfalls Schenkungen an ein Schwiegerkind des Erblassers zugrunde lagen, sowohl das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts als auch Rechtsmissbrauch verneint. Er stellte klar, dass die durch die Festlegung der Zweijahresfrist als „kritische Zeit für Umgehungen des Noterbrechts“ zum Ausdruck gebrachte Wertung des Gesetzgebers abschließend ist. Erfolgte die Schenkung an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person vor der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 ABGB aF, können sich die Pflichtteilsberechtigten daher nicht erfolgreich darauf stützen, dass die Schenkung rechtsmissbräuchlich nur zur Vermeidung einer Schenkungsanrechnung vorgenommen worden sei. Damit wird auch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung getragen.

 

Diese Entscheidung wurde im Schrifttum ausnahmslos zustimmend glossiert. In 2 Ob 91/16w wurde diese Rsp in einem vergleichbaren Fall fortgeschrieben.

 

Die Grundsätze der E 2 Ob 145/16m sind uneingeschränkt auf die neue Rechtslage übertragbar, weil die Zweijahresfrist in § 782 Abs 1 ABGB nF unangetastet blieb. Da die Schenkung mehr als zwei Jahre vor dem Tod der Erblasserin erfolgte, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen sie sich zur Schenkung an den Beklagten entschloss. Die Berufung auf Rechtsmissbrauch, damit aber auch auf Sittenwidrigkeit (§ 1295 Abs 2 ABGB) scheidet jedenfalls aus.

 

Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es – ausgehend vom Tatsachenvorbringen des Klägers – ein Umgehungsgeschäft verneint hat, sind zumindest vertretbar:

 

Dies gilt insbesondere für die Auffassung, dass die Ehefrau des Beklagten noch keine rechtliche Stellung erlangt hat, die mit jener eines Eigentümers vergleichbar ist.

 

Die Revisionsausführungen des Klägers zum Fall einer möglichen Ehescheidung sind überdies bloße Spekulation. Vorbringen, dass eine Scheidung drohen könnte, hat der Kläger nicht erstattet.

 

Der behauptete Widerspruch zwischen den Entscheidungen 2 Ob 145/16m und 2 Ob 354/98t liegt nicht vor. Da im zuletzt erwähnten Fall das zweiaktige Umgehungsgeschäft bereits vollendet war, hatte der Senat auch keine Veranlassung, Überlegungen über die rechtliche Stellung der im Umweg über einen Dritten beschenkten Übernehmerin vor dem abschließenden Rechtsgeschäft anzustellen. Eine Situation, wie sie der Entscheidung 2 Ob 354/98t, zugrunde lag, könnte zwar auch hier noch eintreten, wenn der Beklagte die Liegenschaften tatsächlich an seine Ehefrau überträgt. Dann wäre aber der Kläger durch die neue Verjährungsbestimmung des § 1487a ABGB, wonach für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis der für das Bestehen des Anspruchs maßgebenden Umstände abzustellen ist, ohnehin geschützt.

 

Auf die Frage, ob das vom Kläger auf § 765 Abs 2 ABGB gestützte Feststellungsinteresse überhaupt zu bejahen wäre (vgl § 789 iVm § 790 Abs 2 ABGB), muss unter diesen Umständen nicht mehr eingegangen werden.