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03.07.2018 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Fälligkeit von Beitragszahlungen iSd § 58 iVm § 59 ASVG

Die Rechtsansicht, § 59 Abs 1 ASVG verschiebe den Eintritt der Fälligkeit der monatlichen Beitragszahlungen auf den 15. des jeweiligen Folgemonats, ist verfehlt; die genannte Bestimmung regelt nur den – nicht schon mit der Fälligkeit des Kapitals einsetzenden – Beginn des Laufs von Verzugszinsen, berührt aber den in § 58 Abs 1 ASVG normierten Eintritt der Fälligkeit des Kapitals nicht; § 59 Abs 1 ASVG ändert daher nichts daran, dass der beklagte Sozialversicherungsträger bereits ab dem 1. des dem jeweiligen Beitragsmonat folgenden Monat gem § 58 Abs 1 ASVG über einen fälligen Anspruch gegenüber dem Beitragsschuldner verfügt


Schlagworte: Krankenversicherung, Beitragszahlungen, Fälligkeit, Verzugszinsen
Gesetze:

 

§ 58 ASVG, § 59 ASVG

 

GZ 3 Ob 55/18m [1], 25.04.2018

 

OGH: Das ASVG unterscheidet zwischen dem Tag der Fälligkeit (§ 58 ASVG) der Beiträge für den Beitragszeitraum (im Normalfall der Beitragsmonat) und dem Tag, an dem die Beiträge spätestens eingezahlt werden müssen (§ 59 ASVG), damit sie nicht rückständig werden. Begrifflich ist daher von der Fälligkeit der Beiträge deren Rückständigkeit zu differenzieren.

 

Verzugszinsen laufen demnach an, wenn die Beiträge bei Eintritt der Rückständigkeit nicht bezahlt sind. Rückständig werden Beiträge dann, wenn sie 15 Tage nach ihrer Fälligkeit noch offen sind. Das Gesetz gewährt Beitragsschuldnern also nach Eintritt der Fälligkeit noch eine Toleranzfrist von 15 Tagen, bis zu deren Ablauf Verzugszinsen nicht anfallen, obwohl die Zahlung des Kapitals bereits fällig und deshalb Verzug eingetreten ist. Darüber hinaus bleibt innerhalb einer weiteren Nachfrist von drei Tagen die Nichtbezahlung folgenlos, dh ohne die Verpflichtung zur Bezahlung von Verzugszinsen.

 

Davon ausgehend verbleibt für ein Verständnis der angesprochenen Bestimmungen iSe vom Gesetz angeordneten (reinen) Stundung der Sozialversicherungsbeiträge durch ein Hinausschieben der Fälligkeit oder Durchsetzbarkeit bis zum 15. des Folgemonats kein Raum.

 

Der VwGH judiziert dazu, dass die Bestimmung des § 59 Abs 1 ASVG (in der dort noch anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl Nr 680), wonach Verzugszinsen zu entrichten sind, wenn Beiträge nicht innerhalb von 11 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt werden, die Fälligkeit dieser Beiträge nicht hinausschiebt. Der Umstand allein, dass § 59 Abs 1 ASVG im Ergebnis eine gewisse Toleranzfrist vorsieht, während derer eine Zahlungsverspätung sanktionslos bleibt, ändert nichts an der gesetzlichen Bestimmung der Fälligkeit (mit Ende des jeweiligen Beitragszeitraums) in § 58 Abs 1 ASVG.

 

IZm der Auslegung einer im Juli 1980 übernommenen Haftung als Bürge und Zahler durch einen Dritten für eine Schuld an rückständigen und neu auflaufenden Sozialversicherungsbeiträgen unterschied auch der OGH zwischen nach § 58 Abs 1 ASVG bereits fälligen Beiträgen und Beiträgen, die nicht innerhalb von 11 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt werden und daher iSd § 59 Abs 1 ASVG rückständig sind.