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24.09.2018 Zivilrecht

OGH: Verwertung über eine Internet-Buchungsplattform – Untervermietung gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt (§ 30 Abs 2 Z 4 MRG)

Eine „Verwertung“ iSd § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG liegt auch darin, dass eine Wohnung bis zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung – etwa über eine Internet-Buchungsplattform – ständig zur jederzeitigen tage-, wochen- oder monatsweisen Untervermietung angeboten und bei gegebener Nachfrage auch tatsächlich vermietet wird; dies gilt auch dann, wenn die Untervermietung tatsächlich nicht ständig gelingt oder gerade im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung nicht erfolgt; der zur Beurteilung des Vorliegens einer „unverhältnismäßig hohen Gegenleistung“ anzustellende Vergleich vermögenswerter Leistungen hat in einem solchen Fall nach der kürzesten Dauer zu erfolgen, zu der der Hauptmieter die Wohnung verwertet (zur Untervermietung ständig anbietet)


Schlagworte: Mietrecht, Kündigung, Untervermietung, unverhältnismäßig hohe Gegenleistung, Verwertung, Internet-Buchungsplattform
Gesetze:

 

§ 30 MRG

 

GZ 7 Ob 189/17w [1], 29.08.2018

 

OGH: Eine „Verwertung“ iSd § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG liegt auch darin, dass eine Wohnung bis zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung – etwa über eine Internet-Buchungsplattform – ständig zur jederzeitigen tage-, wochen- oder monatsweisen Untervermietung angeboten und bei gegebener Nachfrage auch tatsächlich vermietet wird; dies gilt auch dann, wenn die Untervermietung tatsächlich nicht ständig gelingt oder gerade im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung nicht erfolgt. Der zur Beurteilung des Vorliegens einer „unverhältnismäßig hohen Gegenleistung“ anzustellende Vergleich vermögenswerter Leistungen hat in einem solchen Fall nach der kürzesten Dauer zu erfolgen, zu der der Hauptmieter die Wohnung verwertet (zur Untervermietung ständig anbietet).

 

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der von den Beklagten verlangte und auch vereinnahmte Untermietzins pro Tag mit dem von ihnen gezahlten Hauptmietzins sowie dem – jeweils auf den Tag bezogenen – Wert der von ihnen erbrachten Leistungen und Einrichtungsgegenstände zu vergleichen ist:

 

Zu den Einrichtungsgegenständen haben die Beklagten einen – ungeprüft gebliebenen – (Anschaffungs-)Wert von 83.300 EUR behauptet. Legt man in einer bloß überschlagsmäßigen Betrachtung diesen Wert zu Gunsten der Beklagten zugrunde und rechnet einen großzügigen Gewinnanteil von 15 % hinzu, ergibt sich bei einer näherungsweise anzunehmenden Nutzungsdauer von 15 Jahren auf den Tag bezogen (83.300 x 1,15 : 15 : 365) ein Betrag von rund 18 EUR. Addiert man diesen Betrag und den zuletzt bezahlten Hauptmietzins von 78,62 EUR pro Tag (2.391,28 x 12 : 365) sowie alle festgestellten Leistungen und Ausgaben (Energie, Internet, TV-Anteil, Antenne, Putzfrau/Bügeln), so ergibt sich ein von den Beklagten aufgewendeter Betrag von rund 122 EUR pro Tag. Wiederum zu Gunsten der Beklagten ist bei dieser überschlagsmäßigen Abschätzung angenommen, dass den von ihnen nach den Feststellungen vereinnahmten 150 EUR an Reinigungspauschale pro Vermietung auch Kosten in entsprechender Höhe gegenüberstehen.

 

Nach den Feststellungen haben die Beklagten die Wohnung tatsächlich bei mehreren Gelegenheiten tageweise vermietet, sodass in Ansehung der Einnahmen daraus und im Hinblick auf die von ihnen verlangten Sätze für tageweise Untervermietung (229 EUR bis 249 EUR) von einem Mittelwert von 239 EUR auszugehen ist. Berücksichtigt man weiters die aus dem ständig untervermieteten Teil der Wohnung erzielten 32,88 EUR, so ergibt sich ein Untermietertrag von rund 272 EUR pro Tag. Es steht fest, dass die Wohnung ein Mal an sechs Personen und ein anderes Mal sogar an elf Personen vermietet war, woraus die Beklagten daher weitere 75 EUR bis 150 EUR lukriert haben (feststellungsgemäß 15 EUR pro Person und Nacht für mehr als einen Gast).

 

Die sich daraus in überschlagsmäßiger Abschätzung insgesamt pro Tag ergebenden rund 350 EUR bis zu 425 EUR an von den Beklagten erzielten Untermieteinnahmen übersteigen die Hauptmiete und die von ihnen erbrachten Leistungen von rund 122 EUR um ca 190 % bis zu 250 %, somit jedenfalls und auch unter Zugrundelegung von den Beklagten günstigen Annahmen von deutlich mehr als 100 %. Dies ist jedenfalls als übermäßig hohe Gegenleistung anzusehen, sodass hier eine exakte Ermittlung der Möbelmiete nicht erforderlich war.

 

Zusammengefasst ist daher der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG verwirklicht. Die Aufrechterhaltung der Aufkündigung durch die Vorinstanzen ist im Ergebnis zu Recht erfolgt.