OGH > Zivilrecht
05.11.2018 Zivilrecht

OGH: Innige freundschaftliche Beziehungen zu verheirateten Personen des anderen Geschlechts – Haftung des Ehestörers iZm Detektivkosten?

Die hier festgestellten Verhaltensweisen mögen zwar – aus Sicht der Gattin des Klägers betrachtet – durchaus geeignet gewesen sein, den objektiven Anschein einer ehewidrigen Beziehung zu begründen, sodass sie die Verpflichtung getroffen hätte, den Kläger aktiv über alle relevanten, diesen Anschein auslösenden Umstände aufzuklären; aus dieser – nur die Gattin des Klägers treffenden – Verpflichtung noch kein Rechtswidrigkeitsurteil oder einen Verschuldensvorwurf gegenüber dem Beklagten abzuleiten, ist nicht korrekturbedürftig; einen derartigen Umgang miteinander (noch) als Zeichen eines zwar innigen, aber nicht erotische Grundlage erreichenden Freundschaftsverhältnisses zu werten, so lange dem Dritten gegenüber nicht klargestellt wird, dass dies nach der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse als ehestörend empfunden wird, bildet keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts; dass auch ein wertverbundener Durchschnittsmensch (§ 1297 ABGB) aus objektiver Sicht nicht zwingend davon ausgehen muss, er störe durch diesen innigen Umgang miteinander eine fremde Ehe, ist im Einzelfall vertretbar


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Eherecht, innige freundschaftliche Beziehungen zu verheirateten Personen des anderen Geschlechts, Detektivkosten, Haftung des Ehestörers
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 90 ABGB

 

GZ 5 Ob 105/18d [1], 28.08.2018

 

OGH: Es entspricht stRsp, dass – unabhängig vom Erfolg einzelner Beobachtungen – der betrogene Ehegatte Auslagen, die ihm durch die Überwachung des der Verletzung der ehelichen Treue verdächtigen Ehegatten entstanden sind, unabhängig von einem allenfalls gleichzeitig geführten Ehescheidungsprozess sowohl vom Ehegatten als auch vom beteiligten Dritten aus dem Titel des Schadenersatzes geltend machen kann. Voraussetzung sind ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Dritten. Die Rechtswidrigkeit leitet die Judikatur aus der Verletzung des absolut geschützten „Rechtsguts der Ehe“ ab, das – allerdings nur ausnahmsweise – auch gegenüber Eingriffen Dritter durch Gewährung von Schadenersatzansprüchen gegen den Störer geschützt ist. Demgemäß bejaht die stRsp den Anspruch auf Ersatz der Detektivkosten gegen den dritten Ehestörer bei Kenntnis von der Ehe seines Sexualpartners im Fall eines ehestörenden oder ehebrecherischen Verhältnisses, wobei die Rsp meist Fälle betraf, in denen von einem – zumindest iwS – sexuellen Verhältnis „auf erotischer Grundlage“ auszugehen war.

 

Zu zwar engen, aber nicht sexuellen Kontakten iSe „freundschaftlichen Beziehung“ sprach der OGH zu 4 Ob 52/06k unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0056290 und 1 Ob 224/01z mit ausführlicher Begründung aus, dass zwar die eheliche Treuepflicht nicht auf den sexuellen Bereich beschränkt ist und daher auch freundschaftliche Beziehungen eine Eheverfehlung sein können, wenn sie gegen den Willen des anderen Ehegatten gepflogen werden oder wenn ein Ehegatte sie dem anderen trotz ihrer über das Übliche hinausgehenden Intensität verheimlicht. Dies trifft allerdings nur für das Verhältnis zwischen den Ehegatten selbst uneingeschränkt zu, während es auch dann, wenn man die nicht sexuelle eheliche Treue als absolut geschütztes Rechtsgut ansehe, für die Beurteilung der Frage, ob ein Dritter rechtswidrig in dieses Rechtsgut eingegriffen habe, einer umfassenden Interessenabwägung bedarf; der Eingriff als solcher (der Erfolg) ist nur ein Indiz für die Rechtswidrigkeit. Bei dieser Interessenabwägung ist das allgemeine Interesse an Bewegungsfreiheit und Entfaltungsmöglichkeiten, also die Zumutbarkeit von Verhaltenspflichten und die Eignung des in Frage stehenden Verhaltens, schädigenden Erfolg herbeizuführen, und schließlich der Wert der bedrohten Güter jeweils ex ante beurteilt zu berücksichtigen. Eine generelle Pflicht, rein freundschaftliche Beziehungen zu verheirateten Personen des anderen Geschlechts von vornherein zu unterlassen, wurde dort verneint. Ein vorwerfbares Mitwirken an einer Eheverfehlung kann bei zwar engen, aber nicht sexuellen Kontakten idR nur dann vorliegen, wenn der Dritte diese Kontakte gegenüber dem anderen Gatten wahrheitswidrig bestreitet oder eine darauf gerichtete Frage nicht beantwortet. Erst wenn die Beziehung sexuellen Charakter annimmt und damit eindeutig aus dem Graubereich „freundschaftlicher“ Kontakte heraustritt, kann sich der Dritte nicht mehr auf seine Handlungsfreiheit berufen.

 

Das Berufungsgericht beurteilte unter Bezugnahme auf die E 4 Ob 52/06k hier das im Einzelnen festgestellte Verhalten des Beklagten und der Ehefrau des Klägers als zwar innig freundschaftlich, aber noch nicht die Intensität eines Intimverhältnisses erreichend.

 

Die Frage, ob bestimmte Verhaltensweisen einen ausreichenden Hinweis darauf bieten, eine Beziehung habe den Bereich des rein freundschaftlichen Verhältnisses verlassen, kann naturgemäß nur nach den Umständen des einzelnen Falls beurteilt werden und vermag daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu begründen, sofern dem Berufungsgericht nicht eine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Eine auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt aber nicht vor:

 

Die in der Revision zitierte E 1 Ob 658/83 ist nicht einschlägig, weil dort nicht nur Küsse in verfänglichen Situationen festgestellt wurden, sondern der Beklagte und die Ehefrau des Klägers einander regelmäßig und über längere Zeit allein in der vom Beklagten benutzten Wohnung trafen (wenn auch eine Übernachtung nicht festgestellt werden konnte). Hier kam es zu Treffen zwischen dem Beklagten und der Gattin des Klägers hingegen ausschließlich im öffentlichen Raum (zumal auch der Reisebus des Beklagten von außen einsehbar war).

 

Die hier festgestellten Verhaltensweisen mögen zwar – aus Sicht der Gattin des Klägers betrachtet – durchaus geeignet gewesen sein, den objektiven Anschein einer ehewidrigen Beziehung zu begründen, sodass sie die Verpflichtung getroffen hätte, den Kläger aktiv über alle relevanten, diesen Anschein auslösenden Umstände aufzuklären. Aus dieser – nur die Gattin des Klägers treffenden – Verpflichtung noch kein Rechtswidrigkeitsurteil oder einen Verschuldensvorwurf gegenüber dem Beklagten abzuleiten, ist nicht korrekturbedürftig. Einen derartigen Umgang miteinander (noch) als Zeichen eines zwar innigen, aber nicht erotische Grundlage erreichenden Freundschaftsverhältnisses zu werten, so lange dem Dritten gegenüber nicht klargestellt wird, dass dies nach der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse als ehestörend empfunden wird, bildet keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts. Dass auch ein wertverbundener Durchschnittsmensch (§ 1297 ABGB) aus objektiver Sicht nicht zwingend davon ausgehen muss, er störe durch diesen innigen Umgang miteinander eine fremde Ehe, ist im Einzelfall vertretbar.

 

Die bereits zitierte E 4 Ob 52/06k – der ein freundschaftliches Verhältnis ohne erotische Grundlage zugrunde lag – bejahte die Haftung der dort Beklagten nur deshalb, weil sie aus einem Dreiergespräch zwischen ihrem Mann und der Klägerin zwingend ableiten hatte müssen, dass die Klägerin jeden über bloß gesellschaftliche Beziehungen hinausgehenden Kontakt missbilligen würde. Überdies hatte die Beklagte Jahre zuvor eine ehewidrige Beziehung zum Mann der Klägerin unterhalten. Nach der jedenfalls vertretbaren Auffassung des Berufungsgerichts lagen hier keine vergleichbaren Umstände vor.