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29.04.2019 Zivilrecht

OGH: Zur Honorierung anwaltlicher Leistungen in einem Fall, in dem einem Rechtsanwalt zwar Prozessvollmacht aber kein Mandat erteilt wurde

Gegenüber dem Anwalt ist derjenige zur Zahlung des Honorars verpflichtet, der ihn beauftragt hat, und zwar auch dann, wenn der Rechtsanwalt zwar nicht im Vollmachtsnamen, aber im Auftrag eines am Prozess nicht beteiligten, doch am Prozessausgang interessierten Dritten einschreitet; ob daneben auch den Vertretenen eine Pflicht zur Honorarzahlung trifft, hängt davon ab, ob auch dieser den Rechtsanwalt beauftragt hat; eine konkludente Erteilung eines Auftrags kommt zwar grundsätzlich in Frage, diese hängt aber von den strengen Voraussetzungen des § 863 ABGB ab


Schlagworte: Rechtsanwalt, Honorar, Prozessvollmacht, Mandat, Dritte
Gesetze:

 

§ 1152 ABGB, § 8 RAO, § 1 RATG, § 863 ABGB

 

GZ 2 Ob 69/18p [1], 26.02.2019

 

OGH: Das Rechtsverhältnis eines Rechtsanwalts mit seinem Klienten hat idR – so auch hier – die entgeltliche Besorgung von Geschäften in Vertretung des Klienten zum Gegenstand und besteht daher regelmäßig aus einem mit einer Vollmacht gekoppelten Auftrag, auch wenn diese Rechtsinstitute im 22. Hauptstück des ABGB gemeinsam als „Bevollmächtigungsvertrag“ geregelt werden.

 

Die Regeln des ABGB über den Bevollmächtigungvertrag werden im Bereich der Rechtsbeziehungen der Rechtsanwälte zu ihren Klienten von den Bestimmungen der RAO überlagert und kommen nur hilfsweise zur Anwendung. Auch die RAO unterscheidet aber zwischen Auftrag (vgl etwa § 11 Abs 1 RAO) und Bevollmächtigung (zB § 8 Abs 1 RAO). Es ist daher denkbar, dass einem Rechtsanwalt eine Vollmacht ohne Auftrag erteilt wird. Umgekehrt ist die Einräumung einer Vollmacht keine Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrags zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber.

 

Dagegen sprechen weder Besonderheiten des Rechtsinstituts der Prozessvollmacht, noch solche des anwaltlichen Standes- oder Sondervertragsrechts:

 

Letztere regeln nicht die zivilrechtliche Rechtsbeziehung zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Gerade die im Rechtsmittel zitierte Bestimmung des § 11 RL-BA 1977, wonach der Rechtsanwalt Auftrag und Vollmacht idR nur von demjenigen annehmen darf, dessen Interessen ihm anvertraut werden (nunmehr § 7 RL-BA 2015), zeigt aber deutlich, dass der Vertretungsauftrag nach den – hier allein relevanten – zivilrechtlichen Grundsätzen nicht nur vom Mandanten, sondern auch von dritter Seite erteilt werden kann.

 

Warum diese Erwägungen nicht auch für die Erteilung einer Prozessvollmacht gelten sollten, ist nicht ersichtlich und wird in der Revision nicht aufgezeigt. Der Entscheidung 1 Ob 28/02b lässt sich Gegenteiliges jedenfalls nicht entnehmen.

 

Gegenüber dem Anwalt ist derjenige zur Zahlung des Honorars verpflichtet, der ihn beauftragt hat, und zwar auch dann, wenn der Rechtsanwalt zwar nicht im Vollmachtsnamen, aber im Auftrag eines am Prozess nicht beteiligten, doch am Prozessausgang interessierten Dritten einschreitet. Ob daneben auch den Vertretenen eine Pflicht zur Honorarzahlung trifft, hängt davon ab, ob auch dieser den Rechtsanwalt beauftragt hat. So wurde etwa in den Entscheidungen 8 Ob 63/65 EvBl 1965/341 und 4 Ob 73/66 SZ 39/211 jeweils angenommen, dass sowohl der Vertretene als auch der interessierte Dritte den Rechtsanwalt beauftragt hatten und deswegen beide solidarisch für dessen Honorar haften. In der Entscheidung 5 Ob 14/13i wurde offen gelassen, ob nur die Dritte oder auch die unmittelbar Vertretene einen Auftrag erteilt hatte.

 

Soweit sich der Revisionswerber auf die Entscheidung 1 Ob 534/78 SZ 51/27 beruft, kommt eine konkludente Erteilung eines Auftrags zwar grundsätzlich in Frage, diese hängt aber von den strengen Voraussetzungen des § 863 ABGB ab. Es darf daher kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt.

 

Ob eine solche schlüssige Beauftragung des Klägers durch den Beklagten erfolgte, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Inanspruchnahme seiner Leistungen durch den Beklagten angesichts der parallel dazu mit dem Arbeitgeber des Klägers bestehenden Absprachen und Vertretungen gerade nicht ohne jeden vernünftigen Zweifel dahin verstehen dürfen, dass der Beklagte den Kläger mit seiner Vertretung beauftragen wollte, begegnet insoweit keinen Bedenken.