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29.06.2011 Verfahrensrecht

OGH: § 164 AußStrG - Rechtsmittellegitimation des übergangenen Erben zur Bekämpfung des Einantwortungsbeschlusses?

Auch dem übergangenen Erben ist es verwehrt, den Einantwortungsbeschluss mit Rekurs zu bekämpfen und darin etwa geltend zu machen, das Erstgericht habe es verabsäumt, ihm die Gelegenheit zur rechtzeitigen Abgabe einer Erbantrittserklärung zu geben


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Verlassenschaftsverfahren, Erbrecht, Erbantrittserklärung, Einantwortungsbeschluss, übergangener Erbe, Rechtsmittellegitimation
Gesetze:

§ 164 AußStrG, § 40 AußStrG

GZ 3 Ob 227/10v [1], 23.02.2011

 

OGH: Der 1. Senat vertrat zu 1 Ob 86/08s die Ansicht, aus der Anordnung, dass nach Fällung einer gerichtlichen Entscheidung über die Einantwortung erbrechtliche Ansprüche nur noch mit Klage geltend gemacht werden können (§ 164 Satz 2 AußStrG 2005), folge unzweifelhaft, dass es der betreffenden Partei verwehrt sei, den Einantwortungsbeschluss mit Rekurs zu bekämpfen und darin etwa geltend zu machen, das Erstgericht habe es verabsäumt, ihr die Gelegenheit zur rechtzeitigen Abgabe einer Erbantrittserklärung zu geben; ein am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligter Erbansprecher habe sich mit dessen Ergebnis abzufinden, könne dieses nur im Klageweg wieder beseitigen, und sei daher auch nicht berechtigt, den Einantwortungsbeschluss mit Rekurs zu bekämpfen.

 

Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht des 1. Senats an, der auch schon die Entscheidung 5 Ob 24/09d folgte und der Partei, die bis zur Entscheidung über die Einantwortung keine Erbantrittserklärung abgegeben hat, die Legitimation zur Bekämpfung des Einantwortungsbeschlusses mit Rekurs absprach.

 

Der Grund dafür liegt darin, dass der Gesetzgeber des AußStrG 2005 bewusst von der vormals geltenden Rechtslage, wonach eine Klärung des Erbrechts bis zur Rechtskraft der Einantwortung innerhalb des Verlassenschaftsverfahrens möglich war, abging und in § 164 AußStrG vorsah, dass weitere Erbantrittserklärungen und das Verfahren darüber (§§ 160 bis 163) nur zulässig sind, bevor das Gericht an den Einantwortungsbeschluss gebunden ist, also nach seiner Abgabe an die Geschäftsabteilung zur Ausfertigung (§ 40 AußStrG). Später sind erbrechtliche Ansprüche nur noch mit Klage geltend zu machen und können nicht mehr zum neuerlichen Aufrollen des Verfahrens führen. Dies führe nach den Gesetzesmaterialien nämlich einerseits zu Verfahrensschritten, die entbehrlich seien, andererseits zwingend dazu, dass eine Durchführung des Einantwortungsbeschlusses vor Rechtskraft selbst bei Rechtsmittelverzicht aller bisher Beteiligten nicht vor Ablauf der Rekursfrist möglich wäre, müsste doch der Ablauf der Frist auch für bisher nicht Beteiligte abgewartet werden. Die Erleichterung, die dadurch dem zu spät kommenden Prätendenten in extrem selten vorkommenden Fällen gewährt werde (ihm ersparte dies die Erbschaftsklage), stünde in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle, in denen es zu keinem derartig späten Einstieg kommt, eine unvertretbare Verzögerung gegenüber.

 

Kommt die Abgabe einer Erbantrittserklärung aber nur bis zur Bindung des Verlassenschaftsgerichts an seinen Einantwortungsbeschluss in Betracht, stellt der Gesetzgeber nicht auf die inhaltliche (allenfalls im Rechtsmittelweg überprüfte) Richtigkeit des Einantwortungsbeschlusses ab, sondern bloß auf dessen Erlassung. Schon daraus folgt zwingend (und ist den Gesetzesmaterialien auch ausdrücklich zu entnehmen), dass ein Rechtsmittelverfahren nicht mehr die Möglichkeit bieten soll, die bisher - aus welchen Gründen immer - unterlassene Abgabe einer Erbantrittserklärung nachzuholen. Das bestätigt § 164 Satz 2 AußStrG, wonach erbrechtliche Ansprüche später, dh nach Bindung des Verlassenschaftsgerichts an seinen Beschluss, nur noch mit Klage geltend zu machen sind.