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13.07.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Verkauf unter dem Einstandspreis als unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG?

Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wäre nur dann eine unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG, wenn er auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhte


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, unlautere Geschäftspraktiken, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Verkauf unter dem Einstandspreis
Gesetze:

§ 1 UWG, § 5 KartG

GZ 4 Ob 34/11w [1], 23.03.2011

 

OGH: Der behauptete Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wäre nur dann eine unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG, wenn er auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhte. Das Rekursgericht hat diese Frage im Ergebnis in vertretbarer Weise verneint. Der klagende Verband stützt sich allein darauf, dass die Beklagte die Küchengeräte unter ihrem Einstandspreis verkauft habe (§ 5 Abs 1 Z 5 KartG). Das trifft zwar bei isolierter Betrachtung zu. Allerdings war der Erwerb der Geräte an den vorherigen Kauf anderer Ware geknüpft  („Treuepunkteaktion“). Hätte die Beklagte die Geräte unentgeltlich - also als Zugabe ieS - abgegeben, so hätte sie,  Marktbeherrschung vorausgesetzt, nur dann gegen das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis verstoßen, wenn der Wert der Zugabe den Preis der Hauptware unter deren Einstandspreis gedrückt hätte. Damit konnte die Beklagte in vertretbarer Weise annehmen, dass eine solche Gesamtbetrachtung auch dann anzustellen ist, wenn die Nebenware zwar nicht unentgeltlich, aber (bei isolierter Betrachtung) unter ihrem Einstandspreis abgegeben wird. Ein Verstoß gegen § 5 Abs 1 Z 5 KartG läge nach dieser Auffassung nur vor, wenn die Unterdeckung bei der Nebenware nicht durch die Gewinnspanne bei der Hauptware ausgeglichen würde. Dass dies hier zugetroffen hätte, hat der klagende Verband nicht behauptet. Ob aus anderen Gründen ein - lauterkeitsrechtlich relevanter - Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung vorliegen könnte, ist mangels entsprechenden Vorbringens nicht zu entscheiden.