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13.07.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen, mit denen ein Auskunftsanspruch des Begünstigten nach § 30 PSG bejaht wird

Antragsstattgebende Entscheidungen nach § 30 Abs 2 PSG können nicht angefochten werden


Schlagworte: Privatstiftungsrecht, Auskunftsanspruch des Begünstigten, stattgebender Beschluss, Rechtsmittel
Gesetze:

§ 30 PSG, § 386 Abs 4 ZPO

GZ 6 Ob 82/11v [1], 16.06.2011

 

OGH: Im Verfahren über das Begehren auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung kommt nur dem Begünstigen und der Privatstiftung, nicht aber den Vorstandsmitgliedern ad personam Parteistellung zu.

 

Nach § 30 Abs 2 PSG kann, wenn die Privatstiftung dem Begehren auf Erteilung von Auskünften und Einsichtnahme nicht nachkommt, das Gericht auf Antrag des Begünstigten die Einsicht, gegebenenfalls durch einen Buchsachverständigen, anordnen. Für das Verfahren gelten die §§ 385 bis 389 ZPO sinngemäß. Nach § 386 Abs 4 ZPO kann der Beschluss, welcher einem Beweissicherungsantrag stattgibt, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

 

Nach den Gesetzesmaterialien zu § 30 PSG führt die in § 30 Abs 2 PSG vorgesehene entsprechende Anwendung des § 386 Abs 4 ZPO zu einer Rechtsmittelbeschränkung: Demnach können stattgebende Beschlüsse durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung von Beweissicherungsmaßnahmen in höherer Instanz nicht überprüfbar ist und dass er dem Beweissicherungsgegner kein Rechtschutzinteresse an der Abwehr einer solchen Maßnahme zuerkennt.

 

Der Grund für den Rechtsmittelausschluss des § 386 Abs 4 ZPO ist der Provisorialcharakter des Beweissicherungsverfahrens. Der OGH hat in stRsp keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Rechtsmittelausschluss. Da gem § 388 Abs 3 ZPO die Kosten der Beweisaufnahme zunächst jedenfalls von der antragstellenden Partei zu bestreiten sind und dem Antragsgegner die notwendigen Kosten seiner Beteiligung am Beweissicherungsverfahren jedenfalls, unbeschadet der Entscheidung in der Hauptsache, ersetzt werden müssen, kann der Antragsgegner auch dadurch keinen (vermögensrechtlichen) Schaden erleiden.

 

Dass der Gesetzgeber im Gesellschaftsrecht die Frage der Anfechtbarkeit abweichend geregelt hat, lässt keine zwingenden Rückschlüsse auf das Stiftungsrecht zu. Vielmehr führt der Verweis des § 30 PSG auf § 386 Abs 4 ZPO zur allgemeinen Regel der ZPO zurück. Hintergrund des § 30 PSG ist das besondere, sich bei der Privatstiftung aus dem Fehlen von Eigentümern ergebende Kontrolldefizit. Nach den Gesetzesmaterialien ist der Auskunftsanspruch des Begünstigten ein weiteres Kontrollinstrument. Wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die Durchsetzung des Auskunfts- und Einsichtsrechts und damit die Transparenz der Privatstiftung dadurch begünstigt, dass stattgebende Entscheidungen keinem weiteren Rechtszug unterliegen, so ist dies aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, zumal durch die Kostentragungsregelung des § 388 Abs 3 ZPO iVm § 30 Abs 2 PSG gewährleistet ist, dass der Privatstiftung durch ungerechtfertigte Begehren kostenmäßig kein Nachteil entsteht.

 

Schon das geschilderte strukturelle Kontrolldefizit bei Privatstiftungen rechtfertigt es, wenn der Gesetzgeber die Anfechtbarkeit von die Einsichtgewährung bzw Auskunftserteilung anordnenden Beschlüssen abweichend vom Gesellschaftsrecht regelt. Im Übrigen ist auch im Gesellschaftsrecht ein Beschluss, der die Einsichtsgewährung anordnet, keineswegs stets anfechtbar. Dies hängt vielmehr von der konkret vorgesehenen Form der Durchsetzung dieses Anspruchs ab. So hat der OGH etwa in einem Rechtsstreit mit einem stillen Gesellschafter ausgesprochen, dass ein Auftrag zur Vorlegung der Handelsbücher nach §§ 45, 46 HGB (nunmehr §§ 45, 46 UGB) nach den Bestimmungen der §§ 303 bis 307 ZPO ergeht und daher der Rechtsmittelbeschränkung des § 319 Abs 2 ZPO unterliegt.

 

Aufgrund des in § 386 Abs 4 ZPO iVm § 30 Abs 2 PSG normierten Rechtsmittelausschlusses ist dem OGH daher eine Überprüfung des Umfangs der bewilligten Einsicht verwehrt. Insoweit erweist sich der Revisionsrekurs gegen die die Bewilligung der Beweissicherung bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts als unstatthaft.