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20.07.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Pension - Anerkennung von Zeiten der Strafhaft, in denen Arbeitsleistungen erbracht wurden?

Strafgefangene, die im Rahmen ihrer Arbeitspflicht eine Arbeitsleistung erbringen, sind in der gesetzlichen Pensionsversicherung nicht pflichtversichert


Schlagworte: Pensionsversicherung, Anerkennung von Zeiten der Strafhaft
Gesetze:

§ 4 ASVG

GZ 10 ObS 46/11d [1], 31.05.2011

 

OGH: Die Frage der Anrechnung von Haftzeiten als Beitragszeiten aus unselbständiger Erwerbstätigkeit war Gegenstand der Entscheidung 10 ObS 66/90. In dieser Entscheidung wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich im Pensionsversicherungsrecht explizite Regelungen über die Berücksichtigung von Haftzeiten in der Pensionsversicherung finden (§§ 502, 506a, 228 Abs 1 Z 4 ASVG hinsichtlich Pflichtbeitragszeiten bzw Versicherungs- und Ersatzzeiten sowie § 234 Z 9 ASVG hinsichtlich neutraler Zeiten). Diese Regelungen seien nach wie vor aufrecht. In den gesetzlich nicht besonders geregelten Fällen führe die Strafhaft hingegen nicht zu einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung. Dies auch dann nicht, wenn der Häftling im Rahmen seiner Arbeitspflicht Arbeitsleistungen erbringt, für die eine Arbeitsvergütung gebühre und die eine  Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung begründe (§ 66a AlVG). Eine Ausdehnung der im Gesetz genannten Ausnahmebestimmungen für nicht verschuldete Anhaltung auf Zeiten einer verschuldeten Anhaltung wäre gleichheitswidrig. Ferner wurde unter Hinweis auf die Lehre ausgeführt, dass Dienste aufgrund öffentlich-rechtlicher Gewaltverhältnisse auf keinem Dienstvertrag beruhten, weshalb Beschäftigungen im Rahmen des Strafvollzugs nicht unter § 4 Abs 2 Z 2 ASVG zu subsumieren seien. Auch in den Entscheidungen 10 ObS 52/99s, 10 ObS 203/09i, 10 ObS 7/10t und (zuletzt) 10 ObS 97/10b wurde ausgesprochen, dass ein Häftling, der während des Strafvollzugs in den Arbeitsprozess eingegliedert sei, aus dieser Beschäftigung nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt und diese Rechtslage nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Situation, in der sich derjenige befinde, der infolge einer selbst verschuldeten Freiheitsbeschränkung aufgrund einer strafbaren Tat an der Verfügung über seine Arbeitskraft gehindert sei, sich von den im Gesetz genannten sozial anerkannten Hinderungsgründen so wesentlich unterscheide, dass die Nichtanerkennung als Ersatzzeit nicht gleichheitswidrig erscheint. Im Hinblick auf die übereinstimmende Rsp des VfGH und des VwGH sowie auf die Lehre bestehen dagegen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.