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20.07.2011 Verfahrensrecht

OGH: Übermittlung von Schriftsätzen per E-Mail (bzw als PDF-Anhang einer E-Mail) - Einlangen bei Gericht

Eine E-Mail-Sendung ist dann bei Gericht eingelangt, wenn sie von einem Server, den das Gericht für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" des Gerichts befindet, das ist dann der Fall, sobald die E-Mail-Sendung in einem Empfänger-Postfach (E-Mailbox) zum Abruf durch das Gericht bereit liegt, mag dies auch außerhalb der Amtsstunden sein; eine Bestätigung über die Absendung einer E-Mail-Nachricht ist für sich allein nicht zum Nachweis des tatsächlichen Einlangens der Sendung bei Gericht geeignet


Schlagworte: Schriftsätze, E-Mail, PDF-Anhang, Einlangen bei Gericht
Gesetze:

§§ 74 ff ZPO, §§ 89 ff GOG, §§ 58 ff Geo, § 10 AußStrG

GZ 10 Ob 28/11g [1], 31.05.2011

 

OGH: Dass eine E-Mail keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) iSd ERV 2006 ist (§ 5 Abs 1a ERV 2006), bedeutet, dass Schriftsätze, die per E-Mail oder als PDF-Anhang einer E-Mail übermittelt werden, nicht einer im ERV übermittelten Eingabe gleichzustellen sind, nicht aber, dass sie unbeachtlich sind. Auf sie sind vielmehr in Analogie die für die Telefax-Eingabe geltenden Grundsätze anzuwenden. Da das Postlaufprivileg des § 89 Abs 1 GOG mangels einer Aufgabe bei der Post für Eingaben per E-Mail nicht gilt, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Eingabe auf das Einlangen bei Gericht an. Dies ist bei einer E-Mail-Sendung dann der Fall, wenn sie von einem Server, den das Gericht für die Empfangnahme von an es gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im „elektronischen Verfügungsbereich“ des Gerichts befindet, das ist dann der Fall, sobald die E-Mail-Sendung in einem Empfänger-Postfach (E-Mailbox) zum Abruf durch das Gericht bereit liegt, mag dies auch außerhalb der Amtsstunden sein. Eine Bestätigung über die Absendung einer E-Mail-Nachricht ist für sich allein nicht zum Nachweis des tatsächlichen Einlangens der Sendung bei Gericht geeignet, weil die Bestätigung diesen Schluss nicht ermöglicht.