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01.11.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Unterscheidbarkeit der Firma gem § 29 UGB – zur Frage, ob und inwieweit bei identischem Firmenkern der Zusatz der Branchenbezeichnung ähnlicher Geschäftsbereiche bei Unternehmen dann für eine deutliche Unterscheidung ausreicht, wenn Gesellschafter und Geschäftsführer teilweise ident sind

Schlagworte, die am Anfang der Firma stehen und das Charakteristikum oder den Firmenkern bilden, können auch bei ähnlichem Unternehmensgegenstand gleichlautend für mehrere Unternehmen gebraucht werden, wenn es sich bei diesen um Konzerngesellschaften handelt


Schlagworte: Unternehmensrecht, Unterscheidbarkeit der Firma, identischer Firmenkern, Zusatz der Branchenbezeichnung ähnlicher Geschäftsbereiche, Konzerngesellschaften
Gesetze:

§ 29 UGB, § 115 GmbHG

GZ 6 Ob 139/11a [1], 14.09.2011

 

OGH: Nach § 29 Abs 1 UGB muss sich jede neue Firma von allen an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Firmenbuch eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden. Neben der Prüfung, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt, also ob die Verlegung des Sitzes einer Kapitalgesellschaft ordnungsgemäß beschlossen ist, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts dabei im Fall der Sitzverlegung in formeller und materieller Hinsicht auch auf die Frage, ob die begehrte Eintragung (im Firmenbuch des Gerichts des neuen Sitzes) dem im § 29 UGB verankerten Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit gerecht wird. Es hat demnach die ihm mitgeteilte Firma mit den am selben Ort bzw in der selben Gemeinde bereits in das Firmenbuch eingetragenen Firmen zu vergleichen. Besteht die Gefahr einer Verwechslung, hat das Firmenbuchgericht durch Beanstandung der Anmeldung darauf hinzuwirken, dass die Firma so geändert wird, dass damit die Verwechslungsgefahr ausgeschaltet wird.

 

Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, dass für die Frage der Unterscheidbarkeit nach hA nicht der vollständige Firmenwortlaut, sondern die im Geschäftsverkehr verwendete Form oder der Firmenkern maßgeblich sind, regelmäßig also das erste Wort der Firma, wenn dieses deren Charakteristikum bildet. Bei Branchennähe bzw gleichem Unternehmensgegenstand sind strengere Anforderungen an die Unterscheidbarkeit zu stellen.

 

Allein unter diesen Gesichtspunkten wäre die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung zur mangelnden Unterscheidbarkeit der Gesellschaften (M***** Spedition GmbH, M***** Transport GmbH) im Hinblick auf den bei beiden identen Firmenkern M***** und die Branchennähe des Speditions- und des Transportgewerbes durchaus vertretbar.

 

Nach zutreffender Auffassung von Umfahrer können jedoch derartige Schlagworte, die am Anfang der Firma stehen und das Charakteristikum oder den Firmenkern bilden, auch bei ähnlichem Unternehmensgegenstand gleichlautend für mehrere Unternehmen gebraucht werden, wenn es sich bei diesen um Konzerngesellschaften handelt. Auch der OGH hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 10/90 den Umstand in den Vordergrund gestellt, dass „das unbefangene Publikum [aus der Verwendung des identen Familiennamens für mehrere Unternehmen] nur den Schluss ziehen [würde], dass es sich bei allen Gesellschaften um Glieder ein und derselben Unternehmensgruppe handelt“.