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15.11.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: § 2 UWG – Irreführungseignung eines zu Unrecht gesetzten Registrierungshinweises?

Maßgebend für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, irreführende Geschäftspraktiken, Werbung, zu Unrecht gesetzter Registrierungshinweis
Gesetze:

§ 2 UWG

GZ 17 Ob 19/11k [1], 19.09.2011

 

Die Kläger wenden sich gegen die Verwendung des Registrierungshinweises „®“ beim Werbeslogan „Zahnpflege aus der Wissenschaft“.

 

OGH: Es ist unstrittig, dass dieser Werbeslogan in Österreich nicht als Marke registriert ist. Das Rekursgericht hat aber richtig erkannt, dass die Verwendung des Registrierungshinweises im konkreten Fall nicht geeignet ist, den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

 

Der OGH hat zwar in 4 Ob 158/93 die Irreführungseignung eines zu Unrecht gesetzten Registrierungshinweises bejaht. Strittig war dort ein zu Unrecht gesetzter Registrierungshinweis bei der für Modeschmuck beschreibenden Bezeichnung „Art-Deco“. Er konnte nach Auffassung des damals erkennenden Senats vom Publikum, „an dessen Kenntnisse und Fähigkeiten kein hoher Maßstab angelegt werden“ dürfe, dahin verstanden werden, dass es solchen Modeschmuck nur bei der Beklagten gebe. Bei nicht beschreibenden Zeichen wurde die Eignung zur Irreführung der angesprochenen Kreise hingegen verneint (4 Ob 12/94).

 

Maßgebend für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage ist nach nunmehr stRsp das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet. Ein solcher Adressat wird aus dem Registrierungshinweis bei der Formulierung „Zahnpflege aus der Wissenschaft“ - wenn er ihn überhaupt wahrnimmt und in irgendeine Richtung zu deuten vermag - nicht annehmen, dass nur die Zahnpflegeprodukte des Markeninhabers auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten. Vielmehr wird er diese Wortfolge als Werbeslogan erkennen und (allenfalls) annehmen, dass sich die Beklagte diesen Slogan (irgendwie) gesichert habe. Dieses Verständnis hätte aber keine erkennbaren Auswirkungen auf seine geschäftliche Entscheidung. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, der der oben dargestellten Entscheidung zum Registrierungshinweis bei beschreibenden Zeichen zugrunde lag (4 Ob 158/93). Zudem beruhte diese Entscheidung offenkundig auf einem Verbraucherleitbild, das nicht zur Gänze den (späteren) unionsrechtlichen Vorgaben entspricht.