OGH > Zivilrecht
06.12.2011 Zivilrecht

OGH: § 148 ABGB – zum Übernachtungsbesuchsrecht

Ein Kind im Alter zwischen drei und sechs Jahren kann bei gutem Kontakt mit dem zu besuchenden Elternteil, bei ausreichender Nächtigungsmöglichkeit und gesicherter Aufsicht durchaus auch über ein Wochenende beim anderen Elternteil bleiben


Schlagworte: Familienrecht, Besuchsrecht, Übernachtung
Gesetze:

§ 148 ABGB

GZ 5 Ob 212/11d [1], 09.11.2011

 

OGH: Die Besuchsrechtsregelung ist eine vom Gericht unter Bedachtnahme auf das Wohl des Kindes nach den Umständen des Einzelfalls zu treffende Entscheidung. Der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung, inwieweit einem Elternteil das Besuchsrecht eingeräumt werden soll, kann daher - weil eben grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig - keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommen, sofern nicht leitende Grundsätze der Rsp verletzt wurden. Letzteres ist hier aber nicht der Fall:

 

Der OGH hat bereits zu 3 Ob 572/85 (EFSlg 49.951) erkannt:

 

„ ... kann aber ein Kind im Alter zwischen drei und sechs Jahren bei gutem Kontakt mit dem zu besuchenden Elternteil, bei ausreichender Nächtigungsmöglichkeit und gesicherter Aufsicht durchaus auch über ein Wochenende beim anderen Elternteil bleiben … . Es kann daher nicht gesagt werden, daß es auf jeden Fall dem Wohl des Kindes widerspricht, wenn ein jetzt schon vier Jahre altes Kind alle zwei Wochen beim Vater übernachtet, wo es nach den getroffenen Feststellungen sehr vertraut ist.“

 

Den zuvor dargestellten Grundsätzen sind die Vorinstanzen mit ihren Entscheidungen gefolgt. Die Behauptung der Mutter, das Kind stehe aufgrund seiner Entwicklungsverzögerung, die sich vorrangig in sprachlichen Defiziten äußert, einem Kind unter drei Jahren gleich, ist durch die Feststellungen des Erstgerichts nicht gedeckt. Für das Übernachtungsbesuchsrecht spricht vorliegend die sehr gute Beziehung zwischen Vater und Sohn sowie die Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern, die die Ausnützbarkeit eintägiger Besuche erschwert. Konkrete Gefahren für das Kind aus der Einräumung eines Übernachtungsbesuchsrechts sind dagegen nicht auszumachen.