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10.01.2012 Zivilrecht

OGH: Gemeinsame Obsorge für Mutter und ihre Lebensgefährtin?

Nach hA ist eine gemeinsame Obsorge eines Elternteils mit einem Pflegeelternteil (zB des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin der außerehelichen Mutter) nach dem Modell der leiblichen Eltern nicht zulässig


Schlagworte: Familienrecht, Kind, Mutter, Lebensgefährtin, keine gemeinsame Obsorge
Gesetze:

§ 144 ABGB, § 145 ABGB, § 167 ABGB, § 177 ABGB, § 186 ABGB, § 186a ABGB, § 187 ABGB

GZ 7 Ob 124/11b [1], 30.11.2011

 

Die Mutter und ihre Lebensgefährtin wollen die Obsorge für das Kind gemeinsam ausüben und beantragten, ihre dazu getroffene Vereinbarung vom 30. 1. 2011 pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen.

 

OGH: Nach hA ist nach der bestehenden Gesetzeslage eine gemeinsame Obsorge eines Elternteils mit einem Pflegeelternteil (zB des Lebensgefährten oder - wie hier - der Lebensgefährtin der außerehelichen Mutter) nach dem Modell der leiblichen Eltern nicht zulässig. Daran hat auch das FamRÄG 2009 nichts geändert. Nicht beizupflichten ist der Auffassung der Revisionsrekurswerberinnen, aus den mit dieser Novelle geschaffenen Bestimmungen der §§ 90 Abs 3 und 137 Abs 4 ABGB sei abzuleiten, dass die vorrangige Obsorge der leiblichen Eltern und die alleinige Obsorge der außerehelichen Mutter nicht aufrechterhalten werden solle. Zu teilen ist vielmehr die Ansicht des Rekursgerichts: Die genannten Bestimmungen sehen keine gemeinsame Obsorge der Ehegatten für ein bloß von einem der beiden stammendes Kind vor, sondern statuieren zur Wahrung des Kindeswohls nur eine Unterstützungspflicht und eine Vertretungsbefugnis. Dies spricht nicht für, sondern gegen die Auffassung der Revisionsrekurswerberinnen. Das EPG (BGBl I 135/2009), auf das sich die Revisionsrekurswerberinnen in diesem Zusammenhang ebenfalls berufen wollen, unterstützt ihre Rechtsmeinung ebenso wenig. Im Gegenteil: Während eine Einzeladoption durch eine in Lebensgemeinschaft mit einem gleichgeschlechtlichen Partner lebende Person möglich erscheint, bestimmt § 8 Abs 4 EPG, dass die eingetragenen Partner nicht gemeinsam ein Kind an Kindes statt oder die Kinder des jeweils anderen an Kindes statt annehmen dürfen. Damit zeigt der Gesetzgeber unmissverständlich auf, dass er in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nicht das Modell leiblicher Eltern erblickt. Da das umso mehr für gleichgeschlechtliche Partner, die nicht institutionell verbunden sind - wie hier die Antragstellerinnen, die nicht behauptet haben, eine eingetragene Partnerschaft eingegangen zu sein - gelten muss, gehen die Ausführungen des Revisionsrekurses, wonach die Zweitantragstellerin als zweiter Elternteil anzusehen und zu behandeln sei, ins Leere.

 

Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberinnen sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 167 ABGB daher nicht gegeben.