18.04.2017 Wirtschaftsrecht

VwGH: Nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises iSd § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006

Die Verneinung einer plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises iSd § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 verlangt nicht, dass alle - im Übrigen nur deklarativ aufgezählten - Kriterien des § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 kumulativ erfüllt sind und somit auch geprüft werden müssen


Schlagworte: Vergaberecht, Prüfung der Angemessenheit der Preise, vertiefte Angebotsprüfung, Ausscheiden von Angeboten, nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises
Gesetze:

 

§ 125 BVergG 2006, § 129 BVergG 2006

 

GZ Ra 2016/04/0132, 21.12.2016

 

Die Revisionswerberin bringt vor, das VwG sei von der Rsp des VwGH abgewichen, indem es davon ausgegangen sei, dass ein Angebotspreisbestandteil immer dann betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sei, wenn dieser einen negativen Deckungsbeitrag aufweise.

 

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass nach der hg Rsp die Beurteilung der Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit unter der Beachtung der Kriterien des § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 vorzunehmen ist, also auch unter dem Gesichtspunkt, ob im Preis aller wesentlichen Positionen auch alle direkt zuordenbaren Kosten enthalten sind. Zudem hat sich das VwG vorliegend auch mit dem seitens der Revisionswerberin erstatteten Vorbringen (zur linearen Kürzung und zum insgesamt positiven Deckungsbeitrag) auseinandergesetzt.

 

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin verlangt die Verneinung einer plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises iSd § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 nicht, dass alle - im Übrigen nur deklarativ aufgezählten - Kriterien des § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 kumulativ erfüllt sind und somit auch geprüft werden müssen. Es führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, dass das VwG nicht hinterfragt hat, ob "der Einheitspreis für geringerwertige Leistungen geringer als für höherwertige Leistungen" war (vgl § 125 Abs 4 Z 2 BVergG 2006).

 

Auch der von der Revisionswerberin unter Hinweis auf das hg Erkenntnis 2007/04/0201 geltend gemachte Widerspruch zum Grundsatz, dass die Preisangemessenheit in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung zu beurteilen sei, liegt nicht vor, zumal nicht hervorgekommen ist und auch nicht behauptet wurde, dass die der Einschätzung zugrunde liegenden Positionen nicht Teil der ausgeschriebenen Leistung waren.

 

Dass die vom VwG unter Zugrundelegung zweier Sachverständigengutachten fallbezogen vorgenommene Beurteilung unvertretbar wäre oder ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme, vermag die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen.

 

Auch aus den von der Revisionswerberin ins Treffen geführten hg Erkenntnissen vom 31. Jänner 2013, 2010/04/0070, und vom 28. September 2011, 2007/04/0102, lässt sich für ihren Standpunkt nichts gewinnen, zumal dem erstzitierten Erkenntnis eine vom VwG nicht beanstandete Überprüfung durch einen Sachverständigen dahingehend zugrunde lag, ob Unterdeckungen bei einzelnen Positionen entstünden. Soweit die Revisionswerberin auf die Rsp des EuGH zur Unzulässigkeit der Anwendung eines rein mathematischen Kriteriums verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Fall gerade nicht zu einem Ausscheiden allein auf Grund eines mathematischen Kriteriums gekommen ist.

 

Die Revisionswerberin bringt schließlich vor, die Festlegung eines jeden einzelnen Angebotsbestandteils als "wesentlich" widerspreche der Zielsetzung der Entwicklung eines echten Wettbewerbs. Dazu ist anzumerken, dass diese Festlegung bestandfest geworden ist und allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandfesten Entscheidung vom (nunmehr) VwG im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht mehr aufgegriffen werden dürfen.