08.08.2012 Wirtschaftsrecht

VwGH: Zum Ausschlussgrund nach § 68 Abs 1 Z 2 BVergG 2006

Ein Ausgleichsverfahren muss noch anhängig sein, um den davon betroffenen Bieter unter Bezugnahme auf diesen Tatbestand vom Verfahren auszuschließen


Schlagworte: Vergaberecht, Ausschlussgründe, Ausgleichsverfahren
Gesetze:

§ 68 BVergG 2006

GZ 2009/04/0187, 22.05.2012

 

Die Bf bringt vor, das Angebot der Zuschlagsempfängerin wäre auszuscheiden gewesen, "weil die allgemeine berufliche Zuverlässigkeit wegen eines im Jahre 2005 - und somit knapp drei Jahre vor dem gegenständlichen Vergabeverfahren - abgewickelten Ausgleichsverfahrens nicht gegeben" sei.

 

VwGH: Soweit sich die Beschwerde auf das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zuschlagsempfängerin im Jahr 2005 bezieht, ist unstrittig, dass dieses Ausgleichsverfahren schon im Juni 2005 gem § 57 Abs 1 AO aufgehoben und damit beendet worden ist.

 

Gem § 68 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 (aF) hat der Auftraggeber (unbeschadet der hier nicht in Betracht kommenden Abs 2 und 3 dieser Bestimmung) Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn gegen sie ein Konkurs- bzw Insolvenzverfahren, ein gerichtliches Ausgleichsverfahren, ein Vergleichsverfahren oder ein Zwangsausgleich eingeleitet oder die Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde.

 

Schon der Wortlaut dieser Bestimmung (arg "eingeleitet") legt nahe, den oben angeführten Ausschlussgrund dahingehend auszulegen, dass ein Ausgleichsverfahren nicht bereits abgeschlossen, sondern noch anhängig sein muss, um den davon betroffenen Bieter unter Bezugnahme auf diesen Tatbestand vom Verfahren auszuschließen. Auch die Gesetzesmaterialien stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Für eine solche (einschränkende) Interpretation spricht aber auch der Umstand, dass an den Ausschlussgrund die unwiderlegbare Vermutung der mangelnden Eignung des Bieters geknüpft ist. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung des Ausgleiches wäre diese strenge Rechtsfolge nicht mehr als verhältnismäßig zu rechtfertigen, weil allfälligen Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ohnedies durch die in den §§ 70, 74 BVergG 2006 vorgesehene Prüfung ausreichend Rechnung getragen werden kann.

 

Ausgehend davon kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie in Bezug auf die Zuschlagsempfängerin den Ausschlussgrund des § 68 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 als nicht gegeben ansah.