22.08.2012 Arbeitsrecht

VwGH: Arbeitnehmerschutz und Verfolgungsverjährung

Für den Ausschluss der Verfolgungsverjährung bei Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen genügt es, wenn sich die Verfolgungshandlung auf die konkrete Filiale / Baustelle bezieht


Schlagworte: Arbeitnehmerschutz, Verfolgungsverjährung, Filiale / Baustelle, besondere Fälle der Verantwortlichkeit, außenvertretungsbefugte Organe
Gesetze:

ASchG, BauV, § 32 VStG, § 31 VStG, § 44a VStG, § 45 Abs 1 Z 3 VStG, § 9 VStG

GZ 2011/02/0029, 12.07.2012

 

VwGH: Der bf Bundesminister verweist zutreffend auf das hg Erkenntnis vom 20. April 2004, 2003/02/0243, wonach die zu § 32 Abs 2 VStG entwickelte Rsp zur Frage der Verfolgungsverjährung, nach der es für den Ausschluss der Verfolgungsverjährung bei der Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften genügt, wenn sich die Verfolgungshandlung auf die konkrete "Filiale" bezieht, auch auf eine "Baustelle" eines näher genannten Unternehmens (als Arbeitgeberin) anzuwenden ist.

 

Insoweit sich der Mitbeteiligte gegen die Anwendung der Judikatur zum Ausschluss einer Verfolgungsverjährung bei Nennung einer "Filiale" wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Beschwerdefall nicht um eine Filiale, sondern um eine näher genannte Baustelle geht. Dass es für den Mitbeteiligten unzweifelhaft war, um welche konkrete Baustelle es sich bei der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt, geht schon aus der Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten vor der Behörde erster Instanz vom 3. August 2010 hervor, in welcher der Mitbeteiligte angab, es entspreche den Tatsachen, dass seine 3 in der Anzeige des Arbeitsinspektors angeführten Arbeitnehmer "auf der Baustelle in … Z., R.-Weg, Objekt E1 (H.-Bau), das Mauerwerk hergestellt haben, jedoch nicht die Gerüstung."

 

Die im vorliegenden Beschwerdefall in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Juli 2010 erfolgte Umschreibung der Baustelle war daher insofern hinreichend konkret. Es ist auch nicht zu ersehen, dass der Mitbeteiligte dadurch in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wurde.

 

Es trifft zu, dass im Falle der Heranziehung eines zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugten Organs gem § 9 Abs 1 VStG zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung ist, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären.

 

Für eine die Verfolgungsverjährung ausschließende Verfolgungshandlung im Bereich der Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften reicht es jedoch aus, dass sich in der Aufforderung zur Rechtfertigung neben dem Hinweis auf eine bestimmte Baustelle auch ein konkreter Hinweis auf jenes Unternehmen findet, das auf dieser Baustelle als Arbeitgeberin tätig war. Dieses Unternehmen wurde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Juli 2010 genannt (es wurde nämlich auf drei Arbeitnehmer der "Fa. D." hingewiesen und der Mitbeteiligte sollte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D.-GmbH mit einer näher genannten Anschrift in D., bei der es sich nach den eigenen Angaben des Mitbeteiligten um den Unternehmenssitz handelt, zur Verantwortung gezogen werden).

 

Es ist daher entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur keine Verfolgungsverjährung eingetreten.