24.10.2012 Verfahrensrecht

VwGH: Ersatzvornahme gem § 4 VVG als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt?

Eine Ersatzvornahme gem § 4 VVG stellt keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, sofern dem ein geeigneter Exekutionstitel (Vollstreckungsverfügung gem § 10 VVG) zugrunde liegt, § 9 VVG ist weder zu entnehmen, dass die Beiziehung der Organe der öffentlichen Aufsicht eines Gerichtsbeschlusses bedürfe, noch, dass diese erst dann beigezogen werden dürften, "wenn Widerstand tatsächlich erfolgt oder angedroht worden ist"


Schlagworte: Vollstreckungsrecht, Ersatzvornahme, Organe der Vollstreckung, Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Maßnahmenbeschwerde, Polizeibeamte, Cobra-Beamte
Gesetze:

§ 4 VVG, § 9 VVG, Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 67a Abs 1 Z 2 AVG

GZ 2012/06/0107, 20.09.2012

 

VwGH: Der UVS geht zutreffend davon aus, dass eine Ersatzvornahme gem § 4 VVG keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, sofern dem ein geeigneter Exekutionstitel (Vollstreckungsverfügung gem § 10 VVG) zugrunde liegt. Wird der Ersatzvornahme Widerstand entgegengesetzt, ist dieser durch Zwangsmaßnahmen - allenfalls unter Beiziehung von Exekutivorganen (§ 9 VVG) - zu überwinden. Solche Akte bedürfen keiner Anordnung durch eine gesonderte Vollstreckungsverfügung. Sie sind exekutive Hilfsakte und daher keine Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, können somit auch nicht beim UVS nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG angefochten werden. Überschreitet die Vollstreckung die Vollstreckungsverfügung, so ist in diesem Umfang eine Maßnahmenbeschwerde gerechtfertigt.

 

Soweit die Beschwerde "die Beiziehung von Polizeibeamten durch die Verwaltungsbehörde - egal ob auch Cobra-Beamte dabei waren - jedenfalls als gesetzlos" erachtet, ist sie auf § 9 VVG zu verweisen. Entgegen der Beschwerdeansicht ist dieser Bestimmung weder zu entnehmen, dass die Beiziehung der Organe der öffentlichen Aufsicht eines Gerichtsbeschlusses bedürfe, noch, dass diese erst dann beigezogen werden dürften, "wenn Widerstand tatsächlich erfolgt oder angedroht worden ist". Angesichts der im zweitangefochtenen Beschluss dargestellten Umstände (jahrelange Auseinandersetzungen über die verfahrensgegenständlichen Fragen, Erlassen eines Waffenverbotes gegen den Ehemann der Bf ohne Beschlagnahme der Waffen, psychisch und physisch angeschlagener Eindruck und Anspannung der Bf bei der Besprechung am Vortag der Ersatzvornahme) kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Vollstreckungsbehörde die Beiziehung von Organen der öffentlichen Aufsicht als notwendig erachtete und diese auch vorsorglich - also bevor es tatsächlich zu tätlichen Auseinandersetzungen kam - beizog. Zu der behaupteten Verletzung des Rechts auf Bewegungsfreiheit ist der Bf entgegenzuhalten, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem UVS selbst einräumte, durch die Observation der Polizistin nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden zu sein. Darauf geht die Beschwerde mit keinem Wort ein. Somit ist nicht nachvollziehbar, inwiefern eine "Freiheitsentziehung" oder eine Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit der Person oder des Vermögens erfolgt sein sollte. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht somit ins Leere. Die Ansicht des UVS, wonach keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Bf erfolgt sei, kann somit nicht als rechtswidrig angesehen werden.