24.10.2012 Sicherheitsrecht

VwGH: Erkennungsdienstliche Behandlung gem § 65 SPG

Will die Behörde sich auf den Tatbestand "Art oder Ausführung der Tat oder Persönlichkeit des Betroffenen" stützen, hat sie darzutun (zu begründen), auf welche Überlegungen sie das Vorbeugungserfordernis stützt; zur Alternative "Ausführung der Tat" kommt es auf die konkrete Ausführung der konkreten Tat an und auch hinsichtlich der "Persönlichkeit des Betroffenen" ist auf dessen konkrete Persönlichkeitsmerkmale abzustellen


Schlagworte: Sicherheitspolizeirecht, erkennungsdienstliche Behandlung, gefährlicher Angriff, Art oder Ausführung der Tat oder Persönlichkeit des Betroffenen
Gesetze:

§ 65 SPG, § 16 Abs 2 SPG

GZ 2012/01/0011, 19.04.2012

 

VwGH: § 65 Abs 1 SPG ermächtigt die Sicherheitsbehörden, Menschen, die im Verdacht stehen eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, unter weiteren Voraussetzungen erkennungsdienstlich zu behandeln. Diese Befugnis dient sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen. Sie ist gefährlichkeitsbezogen.

 

Die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist - zusätzlich zu dem Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung - an eine weiter hinzukommende Voraussetzung geknüpft: Der Betroffene muss entweder im Rahmen einer "kriminellen Verbindung" tätig geworden sein oder die erkennungsdienstliche Behandlung muss sonst auf Grund der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erscheinen.

 

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde es jedoch unterlassen, sich mit der weiter hinzukommenden Voraussetzung zu befassen und im angefochtenen Bescheid darzulegen, weshalb sie eine erkennungsdienstliche Behandlung des Bf aus den angeführten Gründen für notwendig hält. Dass der Bf im Rahmen einer "kriminellen Verbindung" tätig geworden sei, wurde nicht dargelegt; ein Sachverhalt in dieser Hinsicht ist auch nicht ansatzweise erkennbar.

 

Will die Behörde sich auf den Tatbestand "Art oder Ausführung der Tat oder Persönlichkeit des Betroffenen" stützen, hat sie darzutun (zu begründen), auf welche Überlegungen sie das Vorbeugungserfordernis stützt. Zur Alternative "Ausführung der Tat" kommt es auf die konkrete Ausführung der konkreten Tat an und auch hinsichtlich der "Persönlichkeit des Betroffenen" ist auf dessen konkrete Persönlichkeitsmerkmale abzustellen.

 

Zur Ausführung der Tat(en) oder der Persönlichkeit des Bf fehlen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde hat nur festgehalten, der Bf sei im Verdacht gestanden, einen gefährlichen Angriff (iSd § 16 Abs 2 und 3 SPG) begangen zu haben. Mit dem Hinweis auf den Bericht einer Polizeiinspektion (vom 14. Mai 2008) scheint das Vergehen der (vorsätzlichen) Körperverletzung gemeint zu sein, zu dem der Bf die Durchführung eines außergerichtlichen Tatausgleichs ins Treffen führte. Insoweit (zum außergerichtlichen Tatausgleich) im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde, der Bf habe "Verantwortung übernehmen müssen" und die zwei Anzeigen im Jahr 2007 hätten ihn von der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe nicht abhalten können, scheint die belangte Behörde die Persönlichkeit des Bf zur Begründung des Vorbeugungserfordernisses herangezogen zu haben. Sie hat dafür aber keine anderen Fakten als die genannten Anzeigen und die Erledigung durch einen außergerichtlichen Tatausgleich dargetan. Auch dafür, warum die im Alter zwischen 15 1/2 und 17 Jahren begangenen Vergehen auf eine Rückfallgefahr schließen ließen, fehlt jede Begründung. Dass die (im Jahr 2008) angelastete Tat der Körperverletzung wegen ihrer Art für die Annahme ausreiche, die erkennungsdienstliche Behandlung des Bf sei zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich, wurde im angefochtenen Bescheid nicht dargetan.