14.11.2012 Arbeitsrecht

VwGH: Grundwehrdienst – Antritt vor Vollendung des 35. Lebensjahres iSd § 20 WG 2001

Gem § 20 zweiter Satz WG 2001 ist nicht nur darauf abzustellen, wann ein Einberufungsbefehl erstmals erlassen wurde und welcher Einberufungstermin damit vorgegeben wurde; vielmehr kommt es auch darauf an, ob an dem im Einberufungsbefehl genannten Einberufungstag auch die Verpflichtung bestand, dem Einberufungsbefehl Folge zu leisten ("anzutreten ist")


Schlagworte: Wehrrecht, Grundwehrdienst, Antritt vor Vollendung des 35. Lebensjahres, Befreiung und Aufschub
Gesetze:

§ 20 WG 2001, § 26 WG 2001

GZ 2012/11/0115, 18.09.2012

 

VwGH: Im vorliegenden Fall wäre die angefochtene Einberufung des Bf zum Grundwehrdienst gem § 20 zweiter Satz WG 2001 nur dann rechtmäßig, wenn der Zeitpunkt, an dem der Grundwehrdienst vom Bf "erstmalig anzutreten ist", vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Bf läge. Maßgeblich ist somit jener Einberufungstermin, hinsichtlich dessen die Verpflichtung (arg "anzutreten ist") besteht, den Grundwehrdienst anzutreten. Anders als die belangte Behörde offenbar meint, ist somit gem § 20 zweiter Satz WG 2001 nicht nur darauf abzustellen, wann ein Einberufungsbefehl erstmals erlassen wurde und welcher Einberufungstermin damit vorgegeben wurde. Vielmehr kommt es auch darauf an, ob an dem im Einberufungsbefehl genannten Einberufungstag auch die Verpflichtung bestand, dem Einberufungsbefehl Folge zu leisten ("anzutreten ist").

 

Diese Verpflichtung zum Antritt des Grundwehrdienstes bestand beim Bf im Grunde der in der Gegenschrift erwähnten Einberufungsbefehle aus den Jahren 2007 und 2009 nicht, weil diese Einberufungsbefehle, wie die Gegenschrift aufzeigt, infolge jeweils ausgesprochener Befreiung gem § 26 Abs 4 WG 2001 noch vor den jeweiligen Einberufungsterminen unwirksam wurden, der Bf also den Grundwehrdienst in den Jahren 2007 und 2009 iSd § 20 zweiter Satz WG 2001 gar nicht anzutreten hatte.

 

Damit ist als Zeitpunkt, an dem der Bf den Grundwehrdienst erstmalig anzutreten hätte, der im angefochtenen Abänderungsbescheid genannte 5. November 2012 anzusehen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Bf aber unstrittig das 35. Lebensjahr bereits vollendet, sodass die Einberufung für diesen Zeitpunkt rechtswidrig ist.

 

Dieses Ergebnis steht auch mit der Entstehungsgeschichte des § 20 zweiter Satz WG 2001 im Einklang:

 

Durch die Novelle BGBl I Nr 140/2000 des § 28 Wehrgesetz 1990, auf die § 20 zweiter Satz WG 2001 zurückgeht, sollte nämlich lediglich ausgeschlossen werden, dass sich Wehrpflichtige, die zu einem Termin vor Vollendung ihres 35. Lebensjahres einberufen wurden, durch tatsächlichen (widerrechtlichen) Nichtantritt des Präsenzdienstes dieser Verpflichtung entziehen. Daher ist seit der genannten Novelle nicht mehr darauf abzustellen, ob der Wehrpflichtige vor der Vollendung seines 35. Lebensjahres den Grundwehrdienst tatsächlich angetreten hat, sondern ob er vor diesem Zeitpunkt dazu verpflichtet war.

 

Dass den Bf im Hinblick auf die genannte Befreiung eine solche Verpflichtung bis zur Vollendung seines 35. Lebensjahres nicht traf, wurde bereits dargelegt.