21.11.2012 Verkehrsrecht

VwGH: Entziehung der Lenkberechtigung für 15 Monate bei mehrmaligen Fahrten unter Alkoholeinfluss (2009: 0,78 mg/l; 2005: 0,45 mg/l; 2001: 0,65 mg/l Atemluftalkoholgehalt)

Entscheidend ist, dass sich schon aus der Wertung von Alkoholdelikten, wie sie der Gesetzgeber in § 26 Abs 2 FSG vorgenommen hat, ergibt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden (keines der vom Bf begangenen Alkoholdelikte erreichte den Schweregrad des § 99 Abs 1 lit a StVO) eine Entziehungsdauer von 15 Monaten nicht gerechtfertigt ist


Schlagworte: Führerscheinrecht, Entziehung der Lenkberechtigung, 15 Monate, Alkoholisierung,
Gesetze:

§ 26 FSG, § 99 StVO, § 7 FSG, § 24 FSG

GZ 2009/11/0245, 16.10.2012

 

Auf Grund der Berufung des Bf erhöhte die belangte Behörde die Entziehungsdauer und die Dauer des Lenkverbotes von 9 auf 15 Monate und sprach aus, dass diese frühestens mit Ablauf des 30. November 2010 endeten.

 

Der Bf wendet sich gegen die Erhöhung der Entziehungsdauer und führt dazu aus, dass das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis 2001/11/0101 mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar sei, weil die dortige lange Entziehungsdauer mit weit häufigeren Vorentziehungen als gegenständlich begründet worden sei. Näher zitierte Erkenntnisse des VwGH zeigten, dass jedenfalls eine Entziehungsdauer von 15 Monaten in einem Fall wie dem vorliegenden nicht gerechtfertigt sei. Zur Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung bemängelt der Bf die seines Erachtens nicht ausreichende Begründung der Ermessensentscheidung.

 

VwGH: Die belangte Behörde hat auf Grund des vom Bf unstrittig am 18. August 2009 begangenen Alkoholdelikts die Lenkberechtigung für die Dauer von 15 Monaten (gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides am 31. August 2009) bis zum 30. November 2010 entzogen (das entspricht einer angenommenen Verkehrsunzuverlässigkeit von rund 15 ½ Monaten). Diese Dauer wird von der Beschwerde als rechtswidrig angesehen.

 

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist von der unstrittigen Feststellung auszugehen, dass der Bf am 18. August 2009 mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,78 mg/l ein Kfz gelenkt hat, wodurch er eine Übertretung des § 99 Abs 1a StVO begangen hat. Daraus folgt gem § 26 Abs 2 Z 4 FSG, dass die Lenkberechtigung des Bf für eine Dauer von - mindestens - vier Monaten zu entziehen war (ein Fall des § 26 Abs 2 Z 6 FSG liegt hier nicht vor). An dieser gesetzlichen Mindestentziehungsdauer ändert das vom Bf im Jahr 2005 begangene Alkoholdelikt (0,45 mg/l Atemluftalkoholgehalt) nichts, weil dieses eine Übertretung des § 99 Abs 1b StVO darstellt und der Katalog des § 26 Abs. 2 FSG für eine solche Deliktskombination keine höhere Mindestentziehungsdauer vorsieht.

 

Nach stRsp stehen aber die im § 26 Abs 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl das Erkenntnis vom 17. November 2009, 2009/11/0023). Im letztzitierten Erkenntnis hat der VwGH überdies klargestellt, dass die Behörde auch dann nach § 26 Abs 1 und 2 FSG vorzugehen hat, wenn die Begehung der in diesen Bestimmungen genannten Übertretungen nicht erstmalig erfolgt.

 

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde solche Umstände einerseits im hohen Alkoholisierungsgrad des Bf bei dem am 18. August 2009 verwirklichten Delikt und andererseits in den beiden Alkoholdelikten der Jahre 2001 und 2005, die jeweils zu Entziehungen geführt haben, gesehen.

 

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass nach stRsp des VwGH Alkoholdelikte im Straßenverkehr als besonders verwerflich zu qualifizieren sind, sodass die belangte Behörde die Verwerflichkeit der beiden vom Bf in den Jahren 2001 und 2005 begangenen Vordelikte in die nunmehrige Prognose seiner Verkehrsunzuverlässigkeit einbeziehen durfte.

 

Zu prüfen ist daher, ob diese beiden Vordelikte aus den Jahren 2001 und 2005 iVm der Verwerflichkeit (hoher Alkoholisierungsgrad) des am 18. August 2009 begangenen Deliktes eine Erhöhung der viermonatigen Mindestentziehungsdauer auf fünfzehn Monate rechtfertigen.

 

Dies ist aus folgenden Gründen nicht der Fall:

 

Soweit sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis 2001/11/0101 beruft, so handelt es sich dabei um keinen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt, zumal der damalige Beschwerdefall ua durch deutlich höhere Alkoholisierungsgrade (diese entsprachen den schwersten Alkoholdelikten iSd § 99 Abs 1 lit a StVO) gekennzeichnet war.

 

Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, es habe sich beim letztzitieren Erkenntnis um einen Zitatfehler gehandelt und als vergleichbaren Fall nun das Erkenntnis vom 24. August 1999, 99/11/0216, nennt, so ist auch dieser Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar: Im letztzitieren Erkenntnis war nämlich entscheidend, dass dem zur Entziehung der Lenkberechtigung führenden Alkoholdelikt zwei weitere vorangingen, von denen das jüngere zu einer Entziehungsdauer von 12 Monaten geführt hatte und erst 2 Jahre zurücklag.

 

Entscheidend ist, dass sich schon aus der Wertung von Alkoholdelikten, wie sie der Gesetzgeber in § 26 Abs 2 FSG vorgenommen hat, ergibt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden (keines der vom Bf begangenen Alkoholdelikte erreichte den Schweregrad des § 99 Abs 1 lit a StVO) eine Entziehungsdauer von 15 Monaten nicht gerechtfertigt ist: Der Gesetzgeber hat nämlich lediglich für die Wiederholung dieser schwersten Alkoholdelikte (§ 99 Abs 1 StVO 1960) innerhalb von 5 Jahren eine Mindestentziehungsdauer von 12 Monaten festgesetzt (§ 26 Abs 2 Z 2 FSG). Im vorliegenden Beschwerdefall käme man somit nur dann zu einer vertretbaren Entziehungsdauer von 15 Monaten, wenn durch die beiden vom Bf zuletzt begangen Alkoholdelikte der § 26 Abs 2 Z 2 FSG verwirklicht worden wäre (Mindestentziehungsdauer 12 Monate), weil dann die zusätzliche Berücksichtigung des Alkoholdeliktes aus dem Jahr 2001 im Rahmen der Wertung die ausgesprochene Entziehungsdauer gerechtfertigt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil gegenständlich, wie ausgeführt, gem § 26 Abs 2 Z 4 FSG von einer Mindestentziehungsdauer von lediglich 4 Monaten auszugehen ist.

 

Zusammengefasst ergibt sich somit, dass gegenständlich eine Überschreitung dieser 4-monatigen Mindestentziehungsdauer zwar aufgrund der beiden vom Bf begangenen Vordelikte sowie des hohen Alkoholisierungsgrades beim zuletzt begangenen Delikt in einem Ausmaß, wie es von der Erstbehörde festgesetzt worden war, unbedenklich wäre, dass die Festsetzung einer Entziehungsdauer von 15 Monaten jedoch unzulässig war. Gleiches gilt für das gegenständliche Lenkverbot. Die aufgezeigte Rechtswidrigkeit bewirkt auch die Rechtswidrigkeit der darauf aufbauenden angeordneten Maßnahmen (vgl insbesondere § 24 Abs 3 erster Satz FSG).