02.01.2013 Sozialrecht

VwGH: Zur fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG

Der meldepflichtige Dienstgeber ist nur dann iSd § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG entschuldigt, wenn er die ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, sich in der Frage der Meldepflicht sachkundig zu machen, und die Unterlassung der Meldungen bzw die Unrichtigkeit derselben auf das Ergebnis dieser Bemühungen ursächlich zurückzuführen ist


Schlagworte: Verjährung der Beiträge, fünfjährige Verjährungsfrist, keine oder unrichtige Angaben bzw Änderungsmeldungen, gehörige Sorgfalt
Gesetze:

§ 68 ASVG

GZ 2011/08/0002, 17.10.2012

 

VwGH: Was die von der bf Gesellschaft ins Treffen geführte Auskunft des Finanzamtes Tamsweg aus dem Jahr 1997 betrifft, so konnte daraus weder ein Anspruch darauf abgeleitet werden, dass die Trennungsgelder (weiterhin) als beitragsfrei behandelt werden, noch war sie geeignet, einen Sorgfaltsverstoß der bf Gesellschaft bei der Erstattung der objektiv unrichtigen Meldungen und damit die Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG auszuschließen.

 

Nach stRsp des VwGH ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Meldepflichtiger bei gehöriger Sorgfalt "Angaben bzw Änderungsmeldungen" (im Folgenden: Meldungen) als "notwendig" oder "unrichtig" hätte erkennen müssen, davon auszugehen, dass er sich alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen muss und deren Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Meldepflichtiger, der nicht über die genannten Kenntnisse verfügt, nicht schon deshalb iSd § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG exkulpiert ist, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Einen solchen Meldepflichtigen trifft vielmehr eine Erkundigungspflicht, sofern er seine - objektiv unrichtige - Rechtsauffassung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rsp oder bei Fehlen einer solchen auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag. Insbesondere wird ein solcher Meldepflichtiger gehalten sein, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen. Erhält er dann allerdings von ihr trotz ausführlicher Darlegung des maßgebenden Sachverhaltes eine ausdrückliche Auskunft in einer bestimmten Richtung und geht er danach vor, so liegt trotz einer objektiven Unrichtigkeit keine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Der meldepflichtige Dienstgeber ist somit nur dann iSd § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG entschuldigt, wenn er die ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, sich in der Frage der Meldepflicht sachkundig zu machen, und die Unterlassung der Meldungen bzw die Unrichtigkeit derselben auf das Ergebnis dieser Bemühungen ursächlich zurückzuführen ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob er sich auf eine ihm mitgeteilte Verwaltungspraxis der Gebietskrankenkasse, auf ständige hg Rsp oder auf sonstige verlässliche Auskünfte sachkundiger Personen oder Institutionen zu stützen vermag.

 

Dass die bloße "Nichtbeanstandung" beitragsfreier Zahlungen in der Vergangenheit noch keine Verwaltungsübung darstellt, auf die der Meldepflichtige vertrauen dürfte, hat der VwGH bereits zum Ausdruck gebracht.

 

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 68 Abs 1 dritter Satz ASVG angewendet.