09.01.2013 Verkehrsrecht

VwGH: Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung iZm Alkoholkonsum

Die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wird zwar in der FSG-GV nicht definiert, aus § 17 Abs 1 zweiter Satz FSG-GV ergibt sich aber hinlänglich, dass von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden kann, bei dem es zu relativ schwer wiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu mehreren Vorentziehungen geführt hat


Schlagworte: Führerscheinrecht, Lenkberechtigung, gesundheitliche Eignung, verkehrspsychologische Stellungnahme / Untersuchung, Alkoholkonsum, mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, keine Verkehrsauffälligkeiten
Gesetze:

§ 3 FSG, § 8 FSG, § 3 FSG-GV, § 14 FSG-GV, § 17 FSG-GV, § 18 FSG-GV

GZ 2012/11/0172, 20.11.2012

 

Die Beschwerde macht geltend, auf Basis der getroffenen Feststellungen iVm der Aktenlage fehle eine Grundlage für die Annahme der belangten Behörde, der Bf mangle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

 

VwGH: Die belangte Behörde hat ihren Bescheid nicht etwa auf die Annahme gegründet, die Bf sei alkoholabhängig iSd § 5 Abs 1 Z 4 lit a FSG-GV, vielmehr auf das "Gutachten" des amtsärztlichen Sachverständigen der Erstbehörde vom 13. April 2012, das - gestützt auf die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 24. Jänner 2012 - zum Ergebnis gekommen ist, die notwendige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei derzeit nicht gegeben. Die belangte Behörde hat demnach ihren Bescheid erkennbar darauf gestützt, der Bf fehle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

 

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 24. September 2003, 2002/11/0231, zum Verhältnis zwischen gelegentlichem Alkoholkonsum und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung Folgendes ausgeführt:

 

"Die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wird zwar in der FSG-GV nicht definiert, aus § 17 Abs 1 zweiter Satz FSG-GV ergibt sich aber hinlänglich, dass von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden kann, bei dem es zu relativ schwer wiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu mehreren Vorentziehungen geführt hat. Unter Zugrundelegung dieses aus § 17 Abs 1 zweiter Satz FSG-GV ableitbaren Maßstabes ist es rechtswidrig, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem dem Besitzer der Lenkberechtigung keine schwer wiegenden Verkehrsverstöße angelastet werden und auch keine Vorentziehungen erfolgt sind, die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung anzunehmen, weil gelegentlich Alkohol konsumiert wird. Der VwGH hat bereits wiederholt betont, dass es iZm der Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht darauf ankommt, ob der Betreffende völlig alkoholabstinent ist, sondern darauf, ob die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen, maW es sei konkret zu befürchten, dass er in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand als Lenker eines Kfz am Straßenverkehr teilnehmen werde. Der Umstand, dass der Bf gelegentlich Alkohol in Gesellschaft anderer Personen konsumiert (darauf bezieht sich offenbar der in der verkehrspsychologischen Stellungnahme enthaltene Hinweis auf 'soziale Trinksituationen'), rechtfertigt die Annahme einer solchen Gefahr ebenso wenig, wie die 'erhöhte Alkoholtoleranz', hinsichtlich welcher nicht erkennbar ist, wie diese im Falle des Bf quantifiziert wurde, zumal auch nicht nachvollziehbar ist, warum bei Personen mit 'Alkoholintoleranz' eine solche Gefahr auszuschließen sein soll. Entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung iZm dem Konsum von Alkohol ist, dass der Betreffende - sei es nun aus Überzeugung von den schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums auf die Gesundheit, sei es aus Verantwortungsbewusstsein oder auf Grund der Furcht vor Bestrafung und Verlust der Lenkberechtigung - den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kfz vermeidet oder zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist. Dass diese Bereitschaft beim Bf, dem kein Alkoholdelikt angelastet wird und von dem die belangte Behörde auch nicht annimmt, er sei alkoholabhängig iSd § 14 Abs 1 FSG-GV, nicht bestehen soll, ist nicht erkennbar. Die Auffassung der belangten Behörde, dem Bf fehle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, ist auf der Basis der von ihr getroffenen Feststellungen sohin inhaltlich rechtswidrig."

 

Das Anlegen dieses Maßstabs führt auch im Beschwerdefall zum Ergebnis, dass die Auffassung der belangten Behörde, der Bf fehle die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, inhaltlich rechtswidrig ist:

 

Die belangte Behörde hat keine Feststellungen dahin getroffen, der der Bf vorgeworfene "Anlassfall" (vom Februar 2011 oder Februar 2010) sei iZm dem Lenken eines Kfz gestanden; die Bf hat vielmehr unwidersprochen vorgebracht, "im Verkehrsgeschehen" niemals auffällig geworden zu sein.

 

Damit ist - entgegen der unbegründeten Annahme der verkehrspsychologischen Stellungnahme - nicht erkennbar, warum der Bf, von der die belangte Behörde weder annimmt, sie sei alkoholabhängig iSd § 14 Abs 1 FSG-GV, noch, sie sei in der Vergangenheit alkoholabhängig gewesen (§ 14 Abs 5 FSG-GV), die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehlen sollte.