27.03.2013 Sozialrecht

VwGH: Hilfeleistung nach dem VOG bei Zuerkennung einer Invaliditätspension?

Aus dem Umstand, dass dem Bf gem § 256 ASVG eine Invaliditätspension über einen bestimmten Zeitpunkt hinausgehend zuerkannt wurde, ist nicht schon abzuleiten, dass über diesen Zeitpunkt hinausgehend auch die Erwerbsfähigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 1 VOG gemindert war, weil nach der letztgenannten Bestimmung nur jene Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen ist, die durch die in dieser Bestimmung genannte strafbare Handlung herbeigeführt wurde


Schlagworte: Verbrechensopferrecht, Hilfeleistungen, Invaliditätspension, Minderung der Erwerbsfähigkeit, strafbare Handlung
Gesetze:

§ 1 VOG, § 2 VOG, § 256 ASVG, § 254 ASVG

GZ 2009/11/0226, 18.12.2012

 

VwGH: Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat sich die belBeh mit dem Berufungsvorbringen des Bf, sein Gesundheitszustand habe sich, wie die Beurteilung durch die Pensionsversicherungsanstalt zeige, nicht verbessert und er sei daher (gemeint: auch nach dem 4. Dezember 2007) in seinem Beruf nicht arbeitsfähig, auseinandergesetzt und Ermittlungen angestellt: So hat sie den unfallchirurgischen Sachverständigen mit der Erstattung einer Stellungnahme zur abweichenden Beurteilung des Gesundheitszustandes des Bf im pensionsversicherungsrechtlichen Verfahren (Bescheid über die Zuerkennung der Invaliditätspension bzw in den diesem Bescheid zu Grunde liegenden Gutachten) beauftragt. In seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2009 hat der unfallchirurgische Sachverständige Dr K ausgeführt, dass in dem von der Pensionsversicherungsanstalt eingeholten Gutachten zwar jene Diagnosen genannt seien, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit verursachten, dass in diesen Gutachten allerdings - anders als im unfallchirurgischen Gutachten vom 17. Oktober 2008 - auf das Ausmaß der funktionellen Einschränkung nicht eingegangen werde.

 

Nach dem Gutachten des unfallchirurgischen Sachverständigen vom 17. Oktober 2008 waren mit dem Ende des letzten Rehabilitationsaufenthaltes des Bf (das ist der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte 4. Dezember 2007) die verbrechenskausalen Gesundheitsschädigungen des Bf teilweise folgenlos abgeheilt (Verletzungen der Lendenwirbel und der Rippen). Die zu diesem Zeitpunkt "nicht zur Gänze folgenlos abgeheilt" gewesenen Gesundheitsschädigungen wurden im Gutachten beschrieben:

 

unwesentliche Beugehemmung an der linken Hüfte, Muskelverschmächtigung und reaktionslose Narbe am linken Oberschenkel, geringfügige Beugehemmung am Ellbogen und gering einschränkte Drehfähigkeit am Unterarm. Die gutachtliche Schlussfolgerung des Sachverständigen, diese nach dem 4. Dezember 2007 verbliebenen Beeinträchtigungen des Bf seien für die Berufsausübung nicht wesentlich und der Bf sei seit dem 5. Dezember 2007 in seinem Beruf wieder einsatzfähig, sind nicht als unschlüssig zu erkennen.

 

Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belBeh insbesondere auf Grund des unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gelangte, dass der Bf jedenfalls durch das Verbrechen gem § 1 Abs 1 Z 1 VOG (bloß) bis zum 4. Dezember 2007 in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert war.

 

Abgesehen davon ist nicht schon aus dem Umstand, dass dem Bf gem § 256 ASVG eine Invaliditätspension über den 4. Dezember 2007 hinausgehend zuerkannt wurde, abzuleiten, dass auch die Erwerbsfähigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 1 VOG über den 4. Dezember 2007 hinausgehend gemindert war, weil nach der letztgenannten Bestimmung nur jene Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen ist, die durch die in dieser Bestimmung genannte strafbare Handlung herbeigeführt wurde. Hingegen ist eine allfällige Minderung der Erwerbsfähigkeit des Bf, die durch die im Sachverständigengutachten aufgezählten "akausalen Diagnosen" hervorgerufen wurde (darunter die in der Beschwerde genannten Schmerzen am linksseitigen Becken; laut Gutachten hatte der Bf im Jahr 1995 einen Verkehrsunfall mit Beckenverletzung), bei der Beurteilung der geminderten Erwerbsfähigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 1 VOG nicht zu berücksichtigen.