24.07.2013 Baurecht

VwGH: Zur Frage, ob Nachbarn, die grundsätzlich von den Auswirkungen des UVP-pflichtigen Vorhabens gefährdet oder belästigt werden können, im Verfahren zur Abnahmeprüfung gem § 20 UVP-G 2000 Parteistellung haben, wenn gem dessen Abs 4 im Rahmen des Abnahmebescheides Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Vorhaben nachträglich genehmigt werden sollen

Nachbarn, die durch Abweichungen gefährdet oder belästigt werden könnten, müssen im Verfahren zur nachträglichen Genehmigung geringfügiger Abweichungen gehört werden


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Abnahmeprüfung, nachträglichen Genehmigung geringfügiger Abweichungen, Nachbarn, Parteistellung
Gesetze:

§ 20 UVP-G 2000, § 19 UVP-G 2000

GZ 2012/06/0092, 20.06.2013

 

Das mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. September 2007 nach dem UVP-G 2000 genehmigte "Vorhaben Spielberg NEU" beinhaltete auch die Errichtung des sog „Partnergebäudes“.

 

Während der Ausführung änderte die Projektwerberin ihr Vorhaben insofern, als anstelle des ursprünglich geplanten und genehmigten Partnergebäudes mit Flügel und Tribünen für insgesamt 6.832 Personen eine Überlastschüttung (Erdwall) errichtet wurde, die bis zur Realisierung des ursprünglich geplanten Partnergebäudes erhalten bleiben soll. Im Zuge eines sog Abnahmeverfahrens wurde die Überlastschüttung mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Februar 2011 als geringfügige Abweichung genehmigt.

 

Diesem Abnahmeverfahren wurden zwei betroffene Nachbarn nicht beigezogen. Ihre Anträge auf Zuerkennung ihrer Parteistellung wies die Steiermärkische Landesregierung ab; die Berufungen an den Umweltsenat blieben erfolglos.

 

VwGH: Nach § 20 UVP-G 2000 muss die Projektwerberin vor Inbetriebnahme die Fertigstellung anzeigen, worauf die Behörde eine Abnahmeprüfung durchführt. Entspricht die Ausführung der Genehmigung, ergeht ein Abnahmebescheid. Werden hingegen Abweichungen von der Genehmigung festgestellt, muss die Behörde deren Beseitigung auftragen; allerdings besteht die Möglichkeit, dass geringfügiger Abweichungen gem § 20 Abs 4 UVP-G 2000 nachträglich genehmigt werden, wenn sie den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht widersprechen und den betroffenen Parteien Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben wurde. Nachbarn, die durch Abweichungen gefährdet oder belästigt werden könnten, müssen somit im Verfahren zur nachträglichen Genehmigung geringfügiger Abweichungen gehört werden; ob eine Beeinträchtigung tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des weiteren Verfahrens.

 

Im vorliegenden Fall ist gerade strittig, ob die Nachbarn durch den Erdwall anders betroffen sein können als bei Errichtung des Vorhabens in der genehmigten Form. Es war ihnen mangels Parteistellung nicht möglich, zu überprüfen, ob sich etwa die Schallauswirkungen bei Verwirklichung der Überlastschüttung innerhalb des genehmigten Immissionskontingentes bewegen oder dieses allenfalls übersteigen. Sie rügen daher zu Recht, dass es ihnen mangels Zuerkennung der Parteistellung nicht möglich war, von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Kenntnis zu erlangen, dazu Stellung zu nehmen und somit ihre Interessen wahrzunehmen. Ob, wie die Behörden meinen, die Nachbarn nicht anders als bisher betroffen bzw teilweise sogar besser vor den Lärmimmissionen geschützt seien als bei Errichtung des genehmigten Partnergebäudes, kann erst beurteilt werden, wenn den Nachbarn im Rahmen des Abnahmeprüfungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt wurde.

 

Da die Behörden in Verkennung der Voraussetzungen des § 20 Abs 4 zweiter Satz UVP-G 2000 die Anträge der Nachbarn auf Zuerkennung der Parteistellung im Abnahmeprüfungsverfahren abwies, belastete sie ihre Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.