21.01.2014 Baurecht

VwGH: UVP-pflichtiges Wasserkraftwerk

Im Fall einer Kraftwerkskette ist in die zwischen den einzelnen Kraftwerken erforderliche „freie Fließstrecke“ die Strecke der projektierten Unterwassereintiefung einzurechnen


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Kraftwerk, Wasserkraftwerk, freie Fließstrecke
Gesetze:

§ 2 UVP-G, § 3 UVP-G, Anhang I UVP-G

GZ 2011/07/0160, 24.10.2013

Im UVP-Verfahren betreffend ein Wasserkraftwerk war strittig, ob in die zwischen den einzelnen Kraftwerken erforderliche „freie Fließstrecke“ des betroffenen Flusses die Strecke der Unterwassereintiefung einzurechnen ist oder nicht.

VwGH: Was unter einer "Stauhaltung" bzw der "dazwischenliegenden freien Fließstrecke" zu verstehen ist, wird im UVP-G 2000 nicht definiert. Nach der (am 16. 2. 2012 außer Kraft getretenen) Richtlinie 85/337/EWG in der im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegend angefochtenen Bescheides geltenden Fassung blieb es den Mitgliedstaaten überlassen, zu bestimmen, ob "Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung" oder "Talsperren und sonstige Anlagen zum Aufstauen eines Gewässers oder zum dauernden Speichern von Wasser (nicht durch Anhang I erfasste Projekte)" einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden mussten. Die Begriffe "Kraftwerkskette" oder "freie Fließstrecke" fanden in dieser Richtlinie keine Erwähnung.

Insbesondere aus den Gesetzesmaterialien leuchtet die gesetzgeberische Absicht hervor, mit dem UVP-G 2000 projektsbedingte Eingriffe, die (ua) die Fließ- und Strömungseigenschaften eines Gewässersystems verändern können, zu erfassen und Beeinträchtigungen der Gewässerökologie ab bestimmten, näher definierten Schwellenwerten einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen zu wollen. Die von den Behörden übernommenen gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen für Gewässerökologie, denen zufolge im Bereich einer Unterwassereintiefung andere Gefälls- und Strömungsverhältnisse vorherrschen als in unbeeinflussten Abschnitten, erscheint nachvollziehbar und plausibel, wird doch durch eine solche Eintiefung das Gewässerbett verändert. Ob eine solche Veränderung durch eine projektierte Unterwassereintiefung in ökologischer Hinsicht umweltverträglich ist, kann erst als Ergebnis einer darauf bezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung beantwortet werden. Im Rahmen der für die Frage, ob ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren durchzuführen ist, erforderlichen ex ante-Beurteilung erscheint es daher sachgerecht, bei der Beurteilung, ob eine Kraftwerkskette bzw eine freie Fließstrecke zwischen zwei oder mehreren Stauhaltungen von Kraftwerken von zumindest 2 km Länge iSd Z 30 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 vorliegt, auch den Bereich der Strecke der mit dem Kraftwerk projektierten Unterwassereintiefung einzubeziehen, entspricht dies doch dem dargestellten Sinn und Zweck des Gesetzes.