19.03.2014 Wirtschaftsrecht

VwGH: BVergG 2006 – zur Begründungstiefe der Auftraggeberentscheidung

Entscheidend ist, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich ist, gegen die Auftraggeberentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen


Schlagworte: Vergaberecht, Begründungstiefe der Auftraggeberentscheidung, Nachprüfungsantrag
Gesetze:

§ 131 BVergG 2006, §§ 320 ff BVergG 2006

GZ 2011/04/0133, 21.01.2014

 

Kernpunkt der gegenständlichen Beschwerde ist die Frage der erforderlichen Begründungstiefe der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung.

 

Die Bf geht - zum einen unter Hinweis auf die bestandsfest gewordene Festlegung in der Ausschreibung, wonach die Beurteilung der Qualität durch die einzelnen Mitglieder der Bewertungskommission autonom nach subjektiven Kriterien erfolgt, sowie zum anderen unter Verweis auf die nähere Determinierung in der Ausschreibung, wann welche Punktezahl zu vergeben ist - davon aus, dass die gegenständliche "Auswahlentscheidung" vom 15. April 2011 ausreichend begründet war.

 

Demgegenüber erachtete die belBeh fallbezogen die Übermittlung einer Punktetabelle zum Zuschlagskriterium Qualität als nicht ausreichend.

 

VwGH: Soweit die belBeh die Auffassung vertreten hat, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit der dem Erkenntnis vom 19. November 2008, 2007/04/0018, 0019 zugrundeliegenden Konstellation vergleichbar sei, weil es sich hier nicht um die Bewertung von "künstlerisch-ästhetischen" Kriterien handle, ist dem entgegenzuhalten, dass - ungeachtet des Umstands, dass es in der dem Erkenntnis 2007/04/0018, 0019 zugrundeliegenden Konstellation um die Bewertung solcher "künstlerisch-ästhetischer" Beurteilungskriterien ging - eine ausdrückliche Beschränkung der Aussagen des VwGH auf derartige Kriterien nicht erfolgt ist. Auch im vorliegenden Fall wurde in der Ausschreibung bestandfest festgelegt, dass die Bewertung (hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Qualität) durch die Mitglieder der Bewertungskommission "autonom nach subjektiven Kriterien" erfolgt. Bei einer solchen Vorgangsweise kann sich eine verbale Begründung für die Entscheidung der Bewertungskommission nur auf einen Hinweis auf die von den einzelnen Mitgliedern vergebenen Punkte beschränken, liegt doch keine in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess - einstimmig oder mehrstimmig - erzielte begründbare Entscheidung der gesamten Kommission vor. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der einzelnen Mitglieder ist durch die erfolgte Punktevergabe für die jeweiligen Subkriterien ausreichend gegeben.

 

Entgegen der Auffassung der belBeh ist der Auftraggeber auch nicht verpflichtet, die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes "umfassend" darzustellen. Der VwGH hat in seinem - eine Zuschlagsentscheidung gem § 131 Abs 1 BVergG 2006 betreffenden - Erkenntnis vom 9. April 2013, 2011/04/0224, vielmehr unter Bezugnahme auf die Judikatur des EuGH ausgeführt, dass es entscheidend ist, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich sei, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen. Dies gilt gleichermaßen für die hier angefochtene Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung. Das bedeutet, dass nicht jedes vom Bieter vermisste Begründungselement zur objektiven Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt. Abgesehen davon, dass dies auf eine unzulässige Überspannung der Begründungspflicht hinausliefe, weil sich die Forderung nach der Präzisierung einer Begründung ad infinitum fortsetzen ließe, kommt es vielmehr darauf an, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich ist, gegen die Auftraggeberentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen. Im vorliegenden Fall ist diesbezüglich auch zu beachten, dass sich der begründete Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei auch konkret gegen die Bewertung einzelner Subkriterien (ihres Angebotes) gewendet hat.