27.08.2014 Wirtschaftsrecht

VwGH: Berichtigung einer Ausschreibung und Anfechtung

Eine Berichtigung der Ausschreibung ist nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung kommt; diesfalls wäre nämlich die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen; durch die Berichtigung wird somit die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur - in bestimmten Punkten – abgeändert; vor diesem Hintergrund ist aber nicht davon auszugehen, dass mit einer Berichtigung und einer damit verbundenen Verlängerung der Angebotsfrist die bereits eingetretene Bestandskraft der Ausschreibung zur Gänze wieder beseitigt wird; vielmehr besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung, die eine sonstige Festlegung während der Angebotsfrist gem § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG 2006 und somit eine - eigenständige - gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt


Schlagworte: Vergaberecht, Berichtigung einer Ausschreibung, Anfechtung, Nachprüfung
Gesetze:

§ 90 BVergG 2006, § 321 BVergG 2006

GZ 2013/04/0029, 17.06.2014

 

VwGH: Im Erkenntnis vom 12. September 2013, 2010/04/0119, hat der VwGH zu den Auswirkungen einer Berichtigung auf eine bestandsfest gewordene Ausschreibung ausgeführt:

 

"§ 90 Abs 1 BVergG 2006 bestimmt, dass eine Berichtigung vorzunehmen ist, wenn eine Änderung der Ausschreibung erforderlich ist. Im Zuge dessen ist erforderlichenfalls auch die Angebotsfrist zu verlängern. Wie der VwGH bereits festgehalten hat, ist eine Berichtigung der Ausschreibung nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung kommt; diesfalls wäre nämlich die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen. Durch die Berichtigung wird somit die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur - in bestimmten Punkten - abgeändert. Vor diesem Hintergrund ist aber nicht davon auszugehen, dass mit einer Berichtigung und einer damit verbundenen Verlängerung der Angebotsfrist die bereits eingetretene Bestandskraft der Ausschreibung zur Gänze wieder beseitigt wird. Vielmehr besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung, die eine sonstige Festlegung während der Angebotsfrist gem § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG 2006 und somit eine - eigenständige - gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt. Entgegen der Auffassung der Bf können diese unterschiedlichen, gesondert anfechtbaren Entscheidungen auch voneinander abgegrenzt werden.

 

Eine Notwendigkeit, die Anfechtungsmöglichkeit hinsichtlich der Ausschreibungsunterlagen auf Grund einer Berichtigung wieder zur Gänze zu eröffnen, ist auch im Hinblick auf die - hinter der abweichenden Antragsfrist für die Anfechtung von Ausschreibungsunterlagen stehenden - Zielsetzung nicht zu erkennen. Die Erläuterungen zur Stammfassung des § 321 Abs 2 BVergG 2006, der inhaltlich dem hier maßgeblichen § 24 Abs 4 WVRG 2007 entspricht, begründen diese abweichende Antragsfrist damit, dass angesichts der (üblicher Weise erst gegen Ende der Angebotsfrist stattfindenden) Angebotserstellung entdeckte Probleme im Zusammenhang (ua) mit den Ausschreibungsunterlagen von den Unternehmern wegen der zwischenzeitig eingetretenen Präklusion nicht mehr releviert werden könnten, wenn für die Frist der Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw Absendung maßgeblich wäre. Es obliegt allerdings den Unternehmern, die Ausschreibungsunterlagen vor Ablauf der Antragsfrist auf allfällige 'Probleme' hin zu überprüfen. Ist diese Frist - wie im vorliegenden Fall - abgelaufen, dann können in weiterer Folge nur mehr Rechtswidrigkeiten aufgegriffen werden, die aus Entscheidungen resultieren, die nach Eintritt der Bestandskraft ergangen sind (wie hier vorliegend die Berichtigung vom Juli 2010). Dies steht - worauf die belBeh zu Recht verwiesen hat - auch mit dem Ziel der effizienten Abwicklung von Rechtsschutzverfahren in Einklang, dem die Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung dienen."

 

In diesem Sinne hat der VwGH auch festgehalten, dass allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten Entscheidung von der Vergabekontrollbehörde im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht aufgegriffen werden dürfen.

 

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies Folgendes:

 

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurden in der (als "5. Fragebeantwortung und 3. Berichtigung" bezeichneten) Festlegung der bf Auftraggeber vom 22. November 2012 die dort aufgezählten Abänderungen der Ausschreibungsunterlagen vorgenommen.

 

Da vorliegend mit einer Berichtigung die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur in bestimmten Punkten abgeändert wurde und eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung besteht, können daher nur die in der 3. Berichtigung vom 22. November 2012 aufgezählten inhaltlichen Abänderungen der Ausschreibung Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens und daher auch einer Nichtigerklärung sein.

 

Die dieser Berichtigung angeschlossenen konsolidierten Ausschreibungsunterlagen sind daher nur insoweit zulässiger Gegenstand einer Nachprüfung und Nichtigerklärung, als sie - wie dies im vorletzten Punkt der 3. Berichtigung ausdrücklich angeführt wird - "entsprechend den hier angeführten Punkten berichtigt" und in diesem Sinne inhaltlich abgeändert wurden.

 

Indem die belBeh mit Spruchpunkt 1. jedoch die Ausschreibungsunterlagen zur Gänze und zusätzlich zur 3. Berichtigung für nichtig erklärt hat, weil sie der Auffassung war, die Ausschreibungsunterlagen seien durch die 3. Berichtigung zur Gänze ersetzt worden und die (gesamte) Ausschreibung sei zu widerrufen gewesen, hat sie diesen Spruchpunkt insgesamt (dass die einzelnen Anordnungen des Spruchpunktes 1. trennbar wären, ist nicht ersichtlich) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

 

Auf das Vorbringen der bf Auftraggeber, die 3. Berichtigung wäre nach § 90 BVergG 2006 zulässig gewesen, braucht daher nicht eingegangen zu werden.