08.10.2014 Arbeitsrecht

VwGH: Auch langjährig karenzierte Beamte haben Dienstpflichten

Ein für rund 9 Jahre gegen Entfall seiner Bezüge karenzierter Beamter macht sich durch „außerdienstliches Verhalten“ disziplinär strafbar, wenn er den zuständigen Ressortleiter mittels Leserbriefes des Amtsmissbrauchs bezichtigt


Schlagworte: Beamtendienstrecht, Disziplinarrecht, Karenz, außerdienstliches Verhalten, Disziplinarstrafe, Geldstrafe
Gesetze:

§ 43 BDG, § 75 BDG, § 92 BDG

GZ 2013/09/0001, 15.02.2013

 

Der Bf trat einen Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge für die Zeit vom 7.11.2011 bis 11.11.2020 an. Im Karenzurlaub übermittelte er einen Leserbrief an verschiedene Zeitungen, in dem er seinen Ressortleiter des Amtsmissbrauchs beschuldigte.

 

VwGH: Weder dem Wortlaut des § 43 Abs 2 BDG - dieser erfasst auch "außerdienstliches Verhalten" - noch dessen Schutzzweck (Gewährleistung einer funktionierenden Verwaltung) lässt sich entnehmen, dass einen karenzierten Beamten nicht die Pflicht zur Vertrauenswahrung nach § 43 Abs 2 BDG trifft. Während der Zeit eines Karenzurlaubes (wie auch bei sonstigen Urlauben sowie bei Dienstbefreiungen) ruhen nur jene Dienstpflichten, die unmittelbar mit der Besorgung von "dienstlichen Aufgaben" in Zusammenhang stehen.

 

Das durch § 43 Abs 2 BDG zu schützende Rechtsgut ist die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Das Verhalten zwischen Kollegen wird ua durch die Grundsätze der gegenseitigen Achtung und Kameradschaftlichkeit bestimmt. Greift daher ein akademisch gebildeter Beamter die Ehre seines Ressortleiters dadurch an, dass er ihn der Begehung eines "offensichtlichen" Verbrechens bezichtigt, so werden dadurch Anstand und Vertrauen, wie sie im Verhalten der Beamten untereinander geboten sind, erheblich verletzt. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten oder Kollegen stellt schon eine Dienstpflichtverletzung dar. Spontane mündliche Äußerungen im dienstlichen Umgang dürfen nicht "auf die Goldwaage gelegt werden". Unvereinbar mit der Pflicht zu einem achtungsvollen Verhalten ist es aber, wenn ein Beamter einen Ressortleiter auf die oben wiedergegebene Art und Weise unberechtigt der Begehung eines Verbrechens bezichtigt.

 

Ein Beamter, der seinem Ressortchef die "offensichtliche" Begehung eines Verbrechens vorwirft, ohne dass zum Zeitpunkt der Äußerung eine strafrechtliche Verurteilung vorliegt, setzt sein Ansehen und das Ansehen des Amtes und der Beamtenschaft schwer wiegend herab und gefährdet das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit und sachliche Amtsführung, erweckt er doch den Anschein, Meinungsverschiedenheiten in einer grob unsachlichen Weise auszutragen.

 

Das Vorbringen, dass Kritik an der eigenen Behörde durch einen Beamten auch "als notwendiges Mittel zur Optimierung der Verwaltung anzusehen sei", lässt außer Acht, dass es sich beim Verhalten des Bf nicht um eine zulässige Kritik, sondern den - in Anbetracht des Fehlens jeglicher sachlicher Begründung - unzulässigen Vorwurf der Begehung einer strafrechtlichen Handlung handelt.