14.01.2015 Baurecht

VwGH: Einbindung der Umweltorganisationen in das UVP-Feststellungsverfahren

§ 3 Abs 7a UVP-G 2000 räumt anerkannten Umweltorganisationen in einem Verfahren zur Feststellung, ob für ein Vorhaben eine UVP nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, das Recht ein, Akteneinsicht zu nehmen und einen Antrag auf Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht an den Umweltsenat zu stellen; diese Bestimmung begründet jedoch - im Unterschied etwa zu § 19 Abs 10 leg cit, worin anerkannten Umweltorganisationen in Genehmigungsverfahren das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an den VwGH eingeräumt ist - keine Parteistellung solcher Umweltorganisationen im Überprüfungsverfahren gem § 3 Abs 7a leg cit und auch keine Legitimation zur Beschwerdeerhebung an den VwGH


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Feststellungsverfahren, anerkannte Umweltorganisation, Parteistellung, Rechtsmittel
Gesetze:

§ 3 UVP-G 2000, § 19 UVP-G 2000

GZ 2013/05/0022, 18.11.2014

 

VwGH: Die bf Partei ist als eine gem § 19 Abs 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation der betroffenen Öffentlichkeit iSd Art 1 Abs 2 lit e der UVP-RL zuzurechnen.

 

Mit der UVP-G-Novelle 2004 wurde in Umsetzung der damals einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anerkannten Umweltorganisationen, sofern diese bestimmte materielle und formelle Voraussetzungen erfüllen, Parteistellung in allen Genehmigungsverfahren des zweiten Abschnitts sowie im Abnahmeprüfungsverfahren eingeräumt. Von dieser Novellierung blieb das Feststellungsverfahren gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 unberührt.

 

In seinem Urteil vom 30. April 2009, C-75/08 (Mellor), hat der EuGH (ua) ausgeführt, dass "Dritte, wie auch die interessierten Verwaltungsbehörden, sich vergewissern können müssen, dass die zuständige Behörde nach den im nationalen Recht vorgesehenen Bestimmungen geprüft hat, ob eine UVP erforderlich ist (RN 57). Ferner müssen die betroffenen Einzelpersonen, wie auch die anderen betroffenen nationalen Behörden, in der Lage sein, die Einhaltung dieser Prüfungspflicht, die der zuständigen Behörde obliegt, gegebenenfalls gerichtlich nachprüfen zu lassen. Dieses Erfordernis kann, wie im Ausgangsverfahren, die Möglichkeit bedeuten, gegen die Entscheidung, keine UVP vorzunehmen, unmittelbar vorzugehen (RN 58)". Bekräftigt wurde diese Rsp im Urteil des EuGH vom 16. Februar 2012, C-182/10 (Marie-NoElle Solvay ua, RN 57, 58). Zudem besteht nach der Rsp des EuGH, wie in Art 10a Abs 3 der Vorgängerrichtlinie (nunmehr: Art 11 Abs 3 der UVP-RL) ausdrücklich festgehalten ist, das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel darin, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren.

 

Mit der durch die Novelle BGBl I Nr 77/2012 in § 3 UVP-G 2000 eingefügten Bestimmung des Abs 7a hat der Gesetzgeber gem § 19 Abs 7 leg cit anerkannten Umweltorganisationen die Möglichkeit eingeräumt, negative Feststellungsentscheidungen iSd zweiten Abschnittes des UVP-G 2000 einer Überprüfung durch den Umweltsenat zuzuführen. Dieser Schritt diente den Gesetzesmaterialien zufolge ua der Abwendung einer Klage der Europäischen Kommission an den EuGH, welche unter Bezugnahme auf das (oben bereits zitierte) Urteil des EuGH, C-75/08 (Mellor), die Rechtsauffassung vertrat, dass es eine Überprüfbarkeit von negativen Feststellungsentscheidungen für Umweltorganisationen gegeben müsse. Mit dem nunmehr (in § 3 Abs 7a UVPG-2000) vorgesehenen Antragsrecht auf Überprüfung bei negativen Feststellungsbescheiden - so die Gesetzesmaterialien - wird dem (der Auffassung der Europäischen Kommission) Rechnung getragen, weil Umweltorganisationen durch eine negative Feststellungsentscheidung in ihren Rechten verletzt sein können.

 

§ 3 Abs 7a UVP-G 2000 räumt anerkannten Umweltorganisationen in einem Verfahren zur Feststellung, ob für ein Vorhaben eine UVP nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, das Recht ein, Akteneinsicht zu nehmen und einen Antrag auf Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften über die UVP-Pflicht an den Umweltsenat zu stellen. Diese Bestimmung begründet jedoch - im Unterschied etwa zu § 19 Abs 10 leg cit, worin anerkannten Umweltorganisationen in Genehmigungsverfahren das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an den VwGH eingeräumt ist - keine Parteistellung solcher Umweltorganisationen im Überprüfungsverfahren gem § 3 Abs 7a leg cit und auch keine Legitimation zur Beschwerdeerhebung an den VwGH.

 

Entgegen der Auffassung der bf Partei kann aus Art 10a der Vorgängerrichtlinie (bzw nunmehr: Art 11 der UVP-RL) eine umfassende Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen nicht abgeleitet werden. Zunächst ist zur Frage der Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen in Verfahren gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 auf die bisherige hg Judikatur zu verweisen, wonach in diesen Verfahren lediglich dem Projektwerber, den mitwirkenden Behörden, dem Umweltanwalt und der Standortgemeinde - und nicht auch anerkannten Umweltorganisationen - Parteistellung zukommt. Wenn sich in Bezug auf diese Norm im Hinblick auf das genannte Urteil, C-75/08 (Mellor), unionsrechtliche Bedenken ergeben haben, so können diese auf den vorliegenden Beschwerdefall schon deshalb nicht übertragen werden, weil sie neben einer fehlenden Parteistellung im Feststellungsverfahren gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 auch das Fehlen einer Anfechtungsbefugnis (Antragsbefugnis) iSd § 3 Abs 7a leg cit voraussetzen. Eine solche Anfechtungsbefugnis durch Stellung eines Antrages auf Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften über die UVP-Pflicht hat der Gesetzgeber jedoch mit § 3 Abs 7a leg cit anerkannten Umweltorganisationen eingeräumt, weshalb dem Beschwerdevorbringen die bisherige, oben zitierte hg Judikatur entgegengehalten werden kann. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die mit dieser Gesetzesbestimmung anerkannten Umweltorganisationen eingeräumte Anfechtungsbefugnis im Einklang mit Art 11 Abs 2 der UVP-RL steht, der es den Mitgliedstaaten überlässt, in welchem Verfahrensstadium Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die diese Richtlinie gilt, angefochten werden können. Hiebei kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich beim Umweltsenat um ein "Gericht" iSd Art 11 Abs 1 der UVP-RL gehandelt hat. Dem Vorbringen der bf Partei, insbesondere bezüglich eines subjektiven Rechts anerkannter Umweltorganisationen auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens und Einhaltung der Umweltvorschriften, kann daher auch vor diesem Hintergrund nicht beigetreten werden.

 

Da somit einer anerkannten Umweltorganisation keine Befugnis zukommt, gegen eine gem § 3 Abs 7a UVP-G 2000 ergangene Entscheidung des Umweltsenates Beschwerde an den VwGH zu erheben, war die vorliegende Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides richtet, gem § 34 Abs 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung - in einem gem § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

 

Im Hinblick darauf, dass der bf Partei im Feststellungsverfahren gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 keine Parteistellung zugekommen ist, hat der Umweltsenat auch zu Recht deren Berufung zurückgewiesen. Demzufolge erweist sich die gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde als unbegründet, weshalb sie insoweit gem § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.