15.12.2015 Sozialrecht

VwGH: Weiterbildungsgeld gem § 26 AlVG – zur Frage, ob der Begriff der Beschäftigung iSd § 26 Abs 3 AlVG auch Ausbildungsverhältnisse umfasst (hier: Rechtspraktikant)

Ein Ausbildungsverhältnis schließt unabhängig von der Höhe der allenfalls daraus erzielten Einkünfte (im vorliegenden Fall: monatlich EUR 1.035,-- brutto zuzüglich Sonderzahlungen; Absolvierung der Gerichtspraxis) den Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht aus; idR wird zwar eine Entschädigung, die hinsichtlich ihrer Höhe einem Erwerbseinkommen gleichkommt, eher für ein Dienst- und gegen ein Ausbildungsverhältnis sprechen, sodass der Anspruch auf Weiterbildungsgeld und damit eine "Doppelversorgung" ausgeschlossen ist; im Fall der Gerichtspraxis ist aber schon auf Grund der gesetzlichen Definition des § 2 Abs 4 RPG jedenfalls von einem Ausbildungsverhältnis auszugehen


Schlagworte: Arbeitslosenversicherung, Weiterbildungsgeld, Ausbildungsverhältnis, Gerichtspraxis, Rechtspraktikant
Gesetze:

 

§ 26 AlVG, § 2 RPG

 

GZ Ra 2015/08/0123, 23.09.2015

 

VwGH: Der VwGH hat bereits ausgeführt, dass Ausbildungsverhältnisse, die keine Dienstverhältnisse sind, nicht unter den Begriff der Beschäftigung iSd § 26 Abs 3 AlVG fallen. Das gilt auch dann, wenn auf Grund des Ausbildungsverhältnisses über der Geringfügigkeitsgrenze liegende Einkünfte bezogen werden. § 26 Abs 3 AlVG verweist nämlich nur auf die an die Geringfügigkeitsgrenze anknüpfenden Tatbestände des § 12 Abs 6 lit a bis e und g AlVG, die gerade keine Regelung hinsichtlich des Bezugs einer Vergütung auf Grund einer kein Dienstverhältnis begründenden praktischen Ausbildung enthalten. Dieses Ergebnis sah der VwGH auch im Einklang mit dem Gesetzeszweck: Die Geringfügigkeitsgrenzen des § 12 Abs 6 AlVG enthalten nämlich insofern ein vertyptes Verfügbarkeitskriterium, als das niedrige Entgelt eine nur geringe zeitliche Auslastung durch die Erwerbstätigkeit und damit das Vorliegen der Verfügbarkeit indiziert. Für die Gewährung von Weiterbildungsgeld kann es bei diesem Kriterium aber nur auf die Verfügbarkeit für die Weiterbildung ankommen, die durch die Absolvierung eines der Weiterbildung dienenden, kein Dienstverhältnis darstellenden Praktikums - unabhängig vom erzielten Entgelt - jedenfalls nicht beeinträchtigt wird. Auf den Grad der sozialen Bedürftigkeit des Empfängers von Weiterbildungsgeld kommt es hingegen nicht entscheidend an.

 

Im hier vorliegenden Fall stand der die Gerichtspraxis absolvierende Mitbeteiligte auf Grund der gesetzlichen Definition des § 2 Abs 4 RPG in einem Ausbildungsverhältnis und nicht in einem Dienstverhältnis. Ein Ausbildungsverhältnis schließt nach der soeben wiedergegebenen Rsp unabhängig von der Höhe der allenfalls daraus erzielten Einkünfte (im vorliegenden Fall: monatlich EUR 1.035,-- brutto zuzüglich Sonderzahlungen) den Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht aus. Für die Annahme einer (wohl für den Nettobezug geltenden) "Zuverdienstgrenze" in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Die vom AMS in diesem Zusammenhang zitierte Rsp ist einerseits zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Waisenpension (Entscheidung des OGH vom 23. Jänner 1990, 10 ObS 424/89) und andererseits zur Einordnung von Bezügen öffentlicher Mandatare als Erwerbseinkommen (hg Erkenntnisse vom 15. November 2000, 2000/08/0133, und vom 13. August 2003, 2002/08/0128) ergangen und auf die Voraussetzungen für den Bezug von Weiterbildungsgeld nicht übertragbar; im Übrigen wurde vom VwGH auch ein über dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegender Politikerbezug nicht als (den Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließendes) Erwerbseinkommen gewertet. In der Regel wird zwar eine Entschädigung, die hinsichtlich ihrer Höhe einem Erwerbseinkommen gleichkommt, eher für ein Dienst- und gegen ein Ausbildungsverhältnis sprechen, sodass der Anspruch auf Weiterbildungsgeld und damit eine "Doppelversorgung" ausgeschlossen ist; im Fall der Gerichtspraxis ist aber schon auf Grund der erwähnten gesetzlichen Definition des § 2 Abs 4 RPG jedenfalls von einem Ausbildungsverhältnis auszugehen. Dass es sich auch um eine Weiterbildungsmaßnahme iSd § 26 AlVG handelt, wurde vom AMS in der Revision nicht in Frage gestellt.