25.04.2016 Baurecht

VwGH: Antragslegitimation zur Einleitung eines Feststellungsverfahrens gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000

Während nach dieser Gesetzesbestimmung der Standortgemeinde in einem Feststellungsverfahren Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das BVwG (sowie gegen dessen Entscheidung Revision an den VwGH) zu erheben, eingeräumt sind, kommt das Recht, einen Antrag auf Feststellung zu stellen, neben dem Projektwerber und dem Umweltanwalt nur einer mitwirkenden Behörde iSd § 2 Abs 1 leg cit zu


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Feststellungsverfahren, Antragslegitimation, Standortgemeinde
Gesetze:

 

§ 3 UVP-G 2000, § 2 UVP-G 2000, § 8 AVG

 

GZ Ra 2015/05/0083, 27.01.2016

 

VwGH: Die Bestimmung des § 3 Abs 7 UVP-G 2000 trifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine umfassende und abschließende Regelung über den Kreis der Verfahrensparteien. Hiebei unterscheidet sie (ua) zwischen den Begriffen "mitwirkende Behörde" und "Standortgemeinde". Während nach dieser Gesetzesbestimmung der Standortgemeinde in einem Feststellungsverfahren Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das BVwG (sowie gegen dessen Entscheidung Revision an den VwGH) zu erheben, eingeräumt sind, kommt das Recht, einen Antrag auf Feststellung zu stellen, neben dem Projektwerber und dem Umweltanwalt nur einer mitwirkenden Behörde iSd § 2 Abs 1 leg cit zu.

 

Das BVwG hat im angefochtenen Erkenntnis unter Hinweis auf das B-VG, die hL, die Rsp des VfGH und die Oö Gemeindeordnung 1990 ausführlich dargestellt, welche Kriterien den Rechtsbegriff "Behörde" bestimmen und weshalb einer Gemeinde als Gebietskörperschaft - im Unterschied zu Gemeindeorganen - keine Behördeneigenschaft zukommt. Diese rechtliche Beurteilung, auf die die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht konkret eingeht, begegnet keinem Einwand.

 

Die Rechtsauffassung des BVwG steht auch in keinem Widerspruch zu dem von der Revision ins Treffen geführten hg Erkenntnis vom 4. August 2015, Ro 2014/06/0058, 0063, mit dem der VwGH (ua) unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 16. April 2015, C-570/13 (Rechtssache Karoline Gruber gegen den UVS für Kärnten ua), und das hg Erkenntnis vom 22. Juni 2015, 2015/04/0002, einen einen Baubewilligungsbescheid (Änderung einer Baubewilligung) bestätigenden Vorstellungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seinen Inhaltes aufhob, weil die belBeh zu Unrecht die Bindungswirkung eines (negativen) Feststellungsbescheides iSd § 3 Abs 7 UVP-G 2000 gegenüber den bf Grundeigentümern, deren Grundstücke im Einflussbereich der Baugrundstücke lagen, angenommen hatte, obwohl diese Grundeigentümer dem Feststellungsverfahren gem § 3 Abs 7 UVP-G 2000 nicht als Parteien beigezogen worden waren, und weil sie sich deshalb mit den von den bf Grundeigentümern im Rahmen des Bauverfahrens vorgetragenen Argumenten für das Vorliegen einer UVP-Pflicht hätte auseinandersetzen müssen. Diese Sachverhaltskonstellation ist nämlich mit dem vorliegenden Revisionsfall nicht vergleichbar. Denn im vorliegenden Fall geht es nicht um die Frage der Bindungswirkung eines (negativen) Feststellungsbescheides in Bezug auf ein Genehmigungsverfahren oder um die Frage der Parteistellung in einem Feststellungsverfahren gem § 3 Abs 7 leg cit - diese wird einer Standortgemeinde mit der genannten Bestimmung ohnedies eingeräumt -, sondern um die Frage der Antragslegitimation zur Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens. Wie oben dargestellt, ist jedoch der Kreis der Antragsberechtigten durch den eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs 7 (erster Satz) UVP-G 2000 klar festgelegt.

 

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass es nach der Rsp des EuGH (vgl das genannte Urteil in der Rechtssache "Gruber", RN 44), um der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl 2012, L 26, S 1) zu entsprechen, ausreichend ist, wenn ein zur "betroffenen Öffentlichkeit" iS dieser Richtlinie gehörender Einzelner, der die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf ein "ausreichendes Interesse" oder gegebenenfalls eine "Rechtsverletzung" erfüllt, die Möglichkeit hat, die Entscheidung, keine UVP durchzuführen, "im Rahmen eines gegen sie oder gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs anzufechten". Ob eine Standortgemeinde die Kriterien der "betroffenen Öffentlichkeit" im genannten Sinn erfüllt, kann bereits deshalb dahingestellt bleiben, weil der Gesetzgeber in § 19 Abs 3 UVP-G 2000 (idF BGBl I Nr 95/2013) der Standortgemeinde (wie auch ua den an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein können) im Genehmigungsverfahren Parteistellung und das Recht, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen wie auch Beschwerde an das BVwG sowie Revision an den VwGH zu erheben, eingeräumt hat. Im Hinblick darauf wurde der oben genannte Bewilligungsbescheid vom 19. Oktober 2012 auch gegenüber der Revisionswerberin erlassen.

 

Das weitere Revisionsvorbringen, das BVwG sei gravierend von der hg Judikatur abgewichen, indem es "trotz einschlägiger Entscheidung des Umweltsenats die Beurteilung der Revisionswerberin als mitwirkende Behörde zu Unrecht verneint, obwohl in der Entscheidung des Umweltsenats vom 17.09.2003, US 7A/2003/1-39 sogar dann von einer mitwirkenden Behörde auszugehen ist, wenn eine Behörde an einem Verfahren ganz allgemein zu beteiligen ist", geht schon deshalb fehl, weil dieses Vorbringen in sich unschlüssig ist, stellt doch eine Entscheidung des Umweltsenates keinen Teil der hg Judikatur dar. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang auf ihre Ausführungen im Rahmen der Revisionsgründe verweist, so verkennt sie, dass ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision nicht genügt, um dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, aus denen entgegen dem Ausspruch des VwG die Revision für zulässig erachtet wird, Rechnung zu tragen.