02.07.2018 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Verjährung iSd § 43 VwGVG – Beginn des Fristenlaufs im Fall des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung?

Die 15-monatige-Frist des § 43 Abs 1 VwGVG beginnt auch im Fall der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten bei der Behörde und nicht erst ab Einlangen des Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung beim VwG


Schlagworte: Verjährung, Beschwerde, Beschwerdevorentscheidung
Gesetze:

 

§ 43 VwGVG, § 51 VStG aF, § 14 VwGVG

 

GZ Ro 2018/02/0007, 18.05.2018

 

VwGH: Nach den Gesetzesmaterialien zu § 43 VwGVG soll die vorgeschlagene Verjährungsbestimmung dem bis dahin geltenden § 51 Abs 7 VStG entsprechen. Bereits zur ursprünglichen Formulierung dieser Norm (§ 51 Abs 5 VStG idF BGBl Nr 299/1984), in der noch von der "Einbringung der Berufung" die Rede war, judizierte der VwGH, dass die (damals noch einjährige) Frist ab dem Einlangen der Berufung bei der Behörde erster Instanz zu laufen beginne. Das bekräftigte der Gesetzgeber, indem er mit BGBl Nr 620/1995 den Wortlaut der nunmehr in § 51 Abs 7 VStG enthaltenen Bestimmung auf das "Einlangen der Berufung" änderte. Mit der Einführung des VwGVG wurde die Bestimmung - soweit es den Beginn des Fristenlaufs betrifft - dahingehend angepasst, dass es jetzt auf das Einlangen der (nunmehr) Beschwerde ankommt, und klargestellt wird, dass auf das Einlangen bei der Behörde abgestellt wird. Dabei handelt es sich um die "Verwaltungsbehörde erster Instanz".

 

Schon angesichts dieser Entstehungsgeschichte der Norm kann den Ausführungen des BVwG über die von ihm gesehene Gesetzeslücke für den Fall eines Vorlageantrages nach einer Beschwerdevorentscheidung nicht gefolgt werden. Auch in dieser Konstellation ist die Beschwerde zunächst bei der Behörde einzubringen und es besteht eine eindeutige gesetzliche Regelung in § 43 Abs 1 VwGVG über den Beginn des Fristenlaufs.

 

Bereits zur Vorgängerbestimmung in § 51 Abs 7 VStG wurde die Ansicht vertreten, dass die der erstinstanzlichen Behörde offenstehende zweimonatige Frist für die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung nach § 64a Abs 1 AVG in diese Frist einzurechnen sei. Da mit dem Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung eine Behandlung des Rechtsmittels durch die - vom Gesetzgeber ausdrücklich dazu ermächtigte - Verwaltungsbehörde erfolgt, die Frist des § 43 Abs 1 VwGVG auch vor dem Hintergrund des Anspruches des Beschuldigten auf Entscheidung über die Beschwerde gegen ein Straferkenntnis binnen angemessener Frist zu sehen ist und die Fristberechnung unter Bedachtnahme auf die Berufungsvorentscheidung bereits in der Literatur behandelt worden ist, ist nicht vom Bestehen einer planwidrigen Lücke (für den Beginn des Fristenlaufs im Fall des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung) auszugehen. Angesichts der im Administrativverfahren deutlich kürzeren Entscheidungsfrist nach § 34 Abs 1 VwGVG kann auch kein Wertungswiderspruch erkannt werden, wenn dort die Entscheidungsfrist mit der Vorlage der Beschwerde an das VwG, hier aber mit dem Einlangen der Beschwerde bei der Behörde beginnt.

 

Die 15-monatige-Frist des § 43 Abs 1 VwGVG beginnt daher auch im Fall der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten bei der Behörde und nicht erst ab Einlangen des Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung beim VwG.

 

Nach Ablauf der Frist des § 43 Abs 1 VwGVG traten die Straferkenntnisse - hier: die an ihre Stelle tretenden Berufungsvorentscheidungen - von Gesetzes wegen außer Kraft, sodass die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen wären und eine Bestrafung der Revisionswerber nicht hätte ausgesprochen werden dürfen.