13.07.2015 Zivilrecht

OGH: Zur Gestaltungswirkung eines unrichtigen Beschlusses nach § 98 EheG

Auch ein zu unrecht gefasster Beschluss nach § 98 EheG beschränkt die bestehende alleinige Haftung des einen Ehepartners auf die eines Ausfallsbürgen und begründet die Haftung des anderen bisher nicht haftenden Ehegatten als Hauptschuldner


Schlagworte: Ehescheidung, Haftung für Kredite, Hauptschuldner, Ausfallsbürge
Gesetze:

 

§ 98 EheG, § 93 AußStrG

 

GZ 2 Ob 168/14s, 09.04.2015

 

OGH: Gem § 98 Abs 1 EheG hat das Gericht dann, wenn es entscheidet oder die Ehegatten vereinbaren, wer von beiden im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, verpflichtet ist, auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, dass derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner und der andere Ausfallsbürge wird. § 98 EheG bezieht sich ausdrücklich nur auf Vereinbarungen über die Rückzahlungspflicht im Innenverhältnis nach §§ 55a und 97 EheG. Nur diese ganz bestimmt bezeichneten Vereinbarungen können Grundlage einer Entscheidung nach § 98 EheG sein. Weil es sich dabei um eine den Grundsatz der Vertragstreue beeinträchtigende Ausnahmeregelung handelt, ist eine einschränkende Auslegung geboten.

 

Gem § 93 Abs 3 AußStrG ist im Verfahren nach § 98 EheG der Kreditgeber tunlich erst durch die Zustellung der Entscheidung erster Instanz einzubeziehen. Er hat also keinen Einfluss auf die Entscheidung, kann aber mit Rekurs geltend machen, dass der Ehegatte, der nun zum Ausfallsbürgen gemacht werden soll, bisher allein für die ausstehende Kreditverbindlichkeit gehaftet hat, dass also mangels Haftung beider Gatten die Voraussetzungen für die Anwendung von § 98 EheG gar nicht vorliegen.

 

Eine durch gerichtliche Entscheidung verfügte Rechtsgestaltung kann zwar faktisch ins Leere gehen, wenn ein Rechtsverhältnis aufgelöst werden soll, das gar nicht (mehr) besteht („Schlag-ins-Wasser-Urteil“ zB Scheidung einer bereits rechtskräftig geschiedenen Ehe). Einem im Gesetz nicht vorgesehenen Beschluss nach § 98 EheG, mit welchem ausgesprochen wird, dass der bisherige Alleinschuldner Ausfallsbürge ist und der in Wahrheit gar nicht haftende Ehepartner der Hauptschuldner, fehlt es aber nicht an der Gestaltungswirkung. Er begründet die Haftung des bisher nicht haftenden Ehegatten als Hauptschuldner und beschränkt die bisher bestehende alleinige Haftung des anderen Ehepartners auf die eines Ausfallsbürgen.