04.08.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: Zum Imitationsmarketing nach § 2 Abs 3 Z 1 UWG (iZm Produktverpackung)

Der Tatbestand nach § 2 Abs 3 Z 1 UWG ist erfüllt, wenn eine Produktverpackung, die geeignet ist, beim Verbraucher eine Herkunftsvorstellung auszulösen (also wettbewerbliche Eigenart besitzt), herkunftstäuschend nachgeahmt wird


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, irreführende Geschäftspraktiken, Imitationsmarketing, Produktverpackung
Gesetze:

§ 2 UWG

GZ 17 Ob 7/09t, 12.05.2009

Das Unterlassungsbegehren umfasst das Verbot, näher bezeichnete Messer in einer der Verpackung des näher bezeichneten Messersets der Klägerin verwechselbar ähnlichen Verpackung anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.

OGH: Der Tatbestand der irreführenden Geschäftspraktik nach Punkt 13 des Anhangs zum UWG (Werbung für ein Produkt, das einem Produkt eines bestimmten Herstellers ähnlich ist, in einer Weise, die den Umworbenen absichtlich dazu verleitet, zu glauben, das Produkt sei von jenem Hersteller hergestellt worden, obwohl dies nicht der Fall ist) kommt hier nicht in Betracht, weil das Unterlassungsbegehren ganz allgemein auf ein Anbieten und In-Verkehr-Bringen, nicht hingegen auf den engeren Begriff eines als Werbung zu beurteilenden Verhaltens abstellt (vgl die Definition von Werbung in Art 2 lit a der RL 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung).

Als irreführende Geschäftspraktik gilt - wenn das Verhalten geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte - jegliche Vermarktung eines Produkts einschließlich vergleichender Werbung, die eine Verwechslungsgefahr mit einem Produkt oder Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers begründet (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG, Imitationsmarketing).

Unter Vermarktung (Marketing) ist jede Handlung zu verstehen, die der Absatzförderung eines Produkts dient. Dem Absatz ist dienlich, was dem verständigen Verbraucher bei der Identifizierung eines Unternehmens oder von Produkten eines Unternehmens hilft. Auch Merkmale der Produktverpackung können daher rechtserhebliche Unterscheidungszeichen iSe Vermarktungspraktik sein und - im Fall herkunftstäuschender Nachahmung - unter den Tatbestand des Imitationsmarketings fallen.

Die Unlauterkeit irreführender Vermarktungshandlungen iSd § 2 Abs 3 Z 1 UWG liegt in ihrer Eignung, beim Marktteilnehmer eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und ihn dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine Verpackung kann deshalb nur unter der Voraussetzung herkunftstäuschend nachgeahmt werden, dass ihr Vorbild beim Verbraucher eine Herkunftsvorstellung auslösen kann, also (wie bei der Fallgruppe der "vermeidbaren Herkunftstäuschung" nach dem UWG idF vor der Nov 2007) wettbewerbliche Eigenart besitzt. Das ist dann der Fall, wenn dem Abnehmer aufgrund bestimmter Gestaltungen und Merkmale der Verpackung eine Unterscheidung von Verpackungen und damit von verpackt auf den Markt gebrachten gleichartigen Produkten anderer Hersteller möglich ist.

Verkehrsgeltung ist - anders als nach § 9 Abs 3 UWG - kein Tatbestandselement des § 2 Abs 3 Z 1 UWG.