27.08.2009 Wirtschaftsrecht

OGH: § 18 UWG iVm § 7 UWG - zur Haftung eines Unternehmensinhabers für Handlungen eines Dienstnehmers, dessen Name und Funktion im Unternehmen nicht festgestellt werden kann

Das Risiko, den an sich möglichen Beweis der fehlenden Wettbewerbsabsicht mangels Kenntnis der Identität des Mitarbeiters nicht erbringen zu können, trifft den Unternehmensinhaber


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, Haftung für Handlungen im Betrieb eines Unternehmens, Herabsetzung eines Unternehmens
Gesetze:

§ 18 UWG, § 7 UWG

GZ 4 Ob 47/09d, 09.06.2009

OGH: Die Haftung des Unternehmensinhabers nach § 18 UWG ist eine Erfolgshaftung. Sie setzt voraus, dass der Wettbewerbsverstoß im Betrieb des Unternehmens begangen wurde, wobei dieser Begriff weit auszulegen und primär im organisatorischen Sinn zu verstehen ist. Der Unternehmer haftet auch dann, wenn ein Mitarbeiter zu jener Tätigkeit, in deren Verlauf sich der Wettbewerbsverstoß ereignet, an sich nicht befugt ist; es genügt, dass diese Tätigkeit im geschäftlichen Interesse des Inhabers des Unternehmens entfaltet wird. Entscheidend ist, dass der Unternehmensinhaber aufgrund seiner Beziehung zum Handelnden die rechtliche Möglichkeit hat, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Diese Möglichkeit besteht jedenfalls dann, wenn der Unternehmer dem Handelnden Weisungen erteilen kann; demgegenüber ist es unerheblich, ob der Unternehmer - etwa bei weisungswidrigem Verhalten des Handelnden - faktisch in der Lage ist, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern.

Im konkreten Fall war dem Journalisten offenkundig daran gelegen, die Haltung der Beklagten zu einer zwischen den Parteien strittigen Frage zu erfahren. Er sprach daher seinen Informanten als Mitarbeiter der Beklagten an; dessen Privatmeinung wäre völlig unerheblich gewesen. Die Auskunft erfolgte daher im Betrieb des Unternehmens. Dass die Beklagte ihre - allenfalls auch freien - Mitarbeiter anweisen kann, bei einer solchen Anfrage unrichtige Tatsachenbehauptungen über Mitbewerber zu unterlassen, kann nicht ernsthaft bestritten werden; die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme ist daher nicht zu bezweifeln. Es mag zwar zutreffen, dass die Beklagte die Einhaltung einer solchen Weisung nicht kontrollieren kann. Das betrifft jedoch die Frage der faktischen Verhinderungsmöglichkeit und fällt damit in die Risikosphäre der Beklagten.

Richtig ist, dass die Beklagte die Weisung allen für eine Auskunft über Mitbewerber in Frage kommenden Mitarbeitern erteilen müsste, um weitere Verstöße zu verhindern. Das spricht jedoch nicht gegen ihre Haftung. Denn zum einen ist der Kreis jener Mitarbeiter, die mit Anfragen über Konkurrenzunternehmen zu rechnen haben, schon rein faktisch beschränkt; die im Rechtsmittel - als argumentum ad absurdum - erwähnte Weisung an (beispielsweise) "alle 41.490 Mitarbeiter der VOEST" wird daher bei realistischer Betrachtung nicht erforderlich sein. Zum anderen würde der Unternehmensinhaber auch bei einem namentlich bekannten Täter ganz allgemein zur Unterlassung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes verurteilt; das Verhalten des Handelnden wird ihm nämlich objektiv so zugerechnet, als ob es sein eigenes gewesen wäre. Daraus folgt aber, dass der Unternehmensinhaber auch in einem solchen Fall eine Weisung an alle Mitarbeiter richten müsste, die für ein titelwidriges Handeln in Betracht kommen. Denn ein Verstoß gegen die nun exekutiv bewehrte Unterlassungspflicht läge auch dann vor, wenn ein anderer Mitarbeiter als jener, der das ursprünglich beanstandete Verhalten gesetzt hatte, titelwidrig handelte.

§ 7 UWG erfasst nur Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs. Die damit angesprochene Wettbewerbsabsicht ist bei der Förderung fremden Wettbewerbs zwar im Allgemeinen nicht zu vermuten, sondern vom Kläger zu behaupten und zu beweisen. Allerdings ist dieser Nachweis entbehrlich, wenn die Wettbewerbsabsicht offenkundig ist oder eine typisch auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtete Handlung vorliegt. Das ist insbesondere bei Handlungen anzunehmen, die ein Dienstnehmer offenkundig nicht im eigenen, sondern (zumindest auch) im Interesse seines Dienstgebers setzt.

Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Parteien stehen miteinander in einem scharfen Wettbewerb, der sich in zahllosen lauterkeitsrechtlichen Verfahren widerspiegelt. Behaupten Mitarbeiter des einen Unternehmens unter derart gespannten Umständen gegenüber Dritten nachteilige Tatsachen über das andere, so dient das typischerweise dazu, den Wettbewerb des eigenen Unternehmens zu fördern. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend angenommen, dass ein konkreter Beweis der Wettbewerbsabsicht der handelnden Person nicht erforderlich war.

Das Risiko, den an sich möglichen Beweis der fehlenden Wettbewerbsabsicht mangels Kenntnis der Identität des Mitarbeiters nicht erbringen zu können, trifft die Beklagte. Dieser Beweis ist nicht unmöglich. Zum einen könnte er (indirekt) aufgrund der Einvernahme des Journalisten geführt werden, zum anderen ist es für die Beklagte nicht von vornherein ausgeschlossen, den betreffenden Mitarbeiter durch Nachforschungen im eigenen Unternehmen zu ermitteln. Sie ist daher jedenfalls näher am Beweis als die Klägerin.