27.03.2008 Strafrecht

OGH: Strafaufschub gem § 39 Abs 1 SMG und bedingte Strafnachsicht nach § 40 Abs 1 SMG

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Suchtmittelrecht, Strafaufschub, bedingte Strafnachsicht, Erfolg der gesundheitsbezogenen Maßnahme
Gesetze:

§ 39 SMG, § 40 SMG

GZ 14 Os 144/07v, 04.12.2007

OGH: Bedingte Strafnachsicht nach § 40 Abs 1 SMG setzt (ua) voraus, dass sich der an ein Suchtmittel gewöhnte Verurteilte mit Erfolg einer gesundheitsbezogenen Maßnahme unterzogen hat. Dabei lässt sich nicht allgemeingültig definieren, was als "Erfolg" iSd Gesetzesstelle zu werten ist. Es handelt sich um einen Rechtsbegriff, dessen juristischer Gehalt nicht in allen Fällen mit ärztlichem, psychologischem oder psychotherapeutischem Begriffsverständnis zur Deckung gebracht werden kann. Der Erfolg der gesundheitsbezogenen Maßnahme hängt letztlich davon ab, welches Ziel die jeweilige Maßnahme verfolgt, das für den Einzelfall festgelegt werden kann. Er ist somit anzunehmen, wenn das im konkreten Fall aus der Sicht der jeweiligen Wissenschaft mögliche Ziel dieser Behandlung erreicht ist.

Ein solches Ziel kann - wie auf der Grundlage des Gutachtens der gerichtlichen Sachverständigen Dr. K***** vorliegend ins Auge gefasst - in der Beseitigung oder Minderung jener bei der Verurteilten festgestellten Persönlichkeitsstörung bestehen, auf der ihre Neigung zum Suchtmittelkonsum beruht. Das OLG hat in seinem angefochtenen Beschluss die Annahme, dass bei Karin P***** kein Erfolg iSd § 40 Abs 1 SMG vorliegt, auf das Ergebnis der Expertise gegründet, wonach sich die Genannte in der Begutachtungssituation im Vergleich zur Voruntersuchung weitgehend unverändert verhielt und die - abweichend von der Vorgabe an gesundheitsbezogenen Maßnahmen - in bloß 24 Sitzungen absolvierte Therapie nichts an den dem Drogenkonsum zu Grunde liegenden persönlichkeitsstrukturellen Defiziten ändern konnte, diese akzentuierten Persönlichkeitszüge nun verstärkt zutage treten, was bei weiterhin gegebener unreifer Impulsivität, fehlender Frustrationstoleranz, erhöhter Gegenwartsausrichtung, gesteigerter Sensibilität und Neurotizität eine taugliche Basis für weiteren Suchtmittelkonsum und Rückfall in alte Verhaltensmuster bildet.

Dies zu Recht. Denn durch §§ 39 und 40 SMG soll eine möglichst umfassende Distanzierung der Verurteilten von der Sucht unter Einsatz aller ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren, der Art nach bestimmten und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahmen (§ 39 Abs 3 SMG) erreicht werden. Dieses Entzugsprogramm ist vom Gericht vorzugeben. Der Verfahrensablauf setzt demnach grundsätzlich einen Beschluss nach § 39 Abs 1 SMG voraus. Nach Prüfung der Ergebnisse - maW des Erfolgs - der vom Verurteilten freiwillig akzeptierten ambulanten oder stationären Maßnahmen kommt es zu einem Beschluss nach § 40 SMG. Nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere dann, wenn der gerichtliche Sachverständige nach Rechtskraft des Urteils zum Ergebnis kommt, dass der Verurteilte bereits alles für einen optimalen Entzug getan hat, also keinerlei weitere Maßnahmen notwendig sind, um den Antragsteller von Drogen fernzuhalten, ist bedingte Strafnachsicht nach § 40 Abs 1 SMG ohne vorherigen Strafaufschub gem § 39 Abs 1 SMG möglich.

Der von der Generalprokuratur im vorliegenden Fall hervorgehobene "Teilerfolg" der Drogenfreiheit anlässlich einer Untersuchung genügt den dargestellten Kriterien nicht, kam doch das OLG auf der Basis des Gutachtens der Sachverständigen frei von Willkür zum Ergebnis, dass die Verurteilte noch weiterer gesundheitsbezogener Maßnahmen bedürfte, um einer Drogenabstinenz zumindest näher zu kommen.