OGH: Mangelnde Erektion - Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB?
Erfolgt eine Berührung der Geschlechtsteile im Zuge eines Tatgeschehens, das dem Begriff des solcherart begonnenen Beischlafs entspricht, beginnt das Opfer diesen vorzunehmen oder zu dulden; liegt hingegen ein solches Tatgeschehen etwa mangels beim Täter eingetretener Erektion nicht vor, wird der Tatbestand der Vergewaltigung durch die Nötigung zur Vornahme oder Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung verwirklicht
§ 201 StGB
GZ 13 Os 92/09t, 15.10.2009
OGH: Das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB ist in Bezug auf die Nötigungsziele einerseits des Beischlafs und andererseits der dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung als alternatives Mischdelikt aufgebaut. Hievon ausgehend ist es unter dem Aspekt der Subsumtion rechtlich bedeutungslos, zu welcher dieser Handlungsformen der Täter das Opfer nötigt. Eine - vom erforderlichen Vorsatz getragene - Berührung der Geschlechtsteile bedeutet somit jedenfalls Tatvollendung iSd § 201 Abs 1 StGB.
Erfolgt eine solche Berührung nämlich im Zuge eines Tatgeschehens, das dem Begriff des solcherart begonnenen Beischlafs entspricht, beginnt das Opfer diesen vorzunehmen oder zu dulden. Liegt hingegen ein solches Tatgeschehen etwa - wie hier interessierend - mangels beim Täter eingetretener Erektion nicht vor, wird der Tatbestand der Vergewaltigung durch die Nötigung zur Vornahme oder Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung verwirklicht. Das Abstellen auf die Intensität der Berührung ist - abgesehen von der dogmatischen Unschärfe dieses Begriffs - abzulehnen, weil durch die conjunctio membrorum an sich schon ein Eingriff in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung des Opfers geschieht, der jedenfalls dem Schutzzweck des § 201 StGB entspricht.