16.12.2010 Strafrecht

OGH: Gesetzesverletzung durch Unterlassen der nach § 41 Abs 6 MedienG vorgeschriebenen Ladung der Medieninhaberin und Verurteilung derselben zur Urteilsveröffentlichung ohne Beiziehung zum Verfahren

In den in § 41 Abs 1 MedienG bezeichneten Verfahren - somit auch in einem Verfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts - ist der Medieninhaber gem § 41 Abs 6 MedienG unabhängig davon zur Hauptverhandlung zu laden, ob bereits im Strafantrag ein Antrag auf Urteilsveröffentlichung gem § 34 Abs 1 erster Satz MedienG gestellt wird; auch der Ausschlussgrund nach § 34 Abs 3a MedienG hat auf die Anwendung des § 41 Abs 6 MedienG keinen Einfluss, weil erst mit Rechtskraft des Urteils feststeht, ob ein Zitat iSd § 6 Abs 2 Z 4 MedienG vorliegt und Beweise über den Ausschlussgrund nur aufzunehmen sind, wenn sich der Medieninhaber darauf beruft (§ 8 Abs 3 MedienG)


Schlagworte: Medienrecht, Medieninhaber, Ladung zur Hauptverhandlung, Urteilsveröffentlichung
Gesetze:

§ 41 Abs 6 MedienG, § 34 MedienG

GZ 15 Os 81/10s, 11.08.2010

OGH: Nach § 41 Abs 6 erster Satz MedienG ist der Medieninhaber in den im Abs 1 bezeichneten Verfahren - somit auch in einem Strafverfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts - zur Hauptverhandlung zu laden. Dies setzt - der Rechtsansicht des Einzelrichters des LG für Strafsachen Wien zuwider - lege non distinguente keineswegs voraus, dass ein Antrag auf Urteilsveröffentlichung (§ 34 Abs 1 erster Satz MedienG) bereits im Strafantrag wegen eines Medieninhaltsdelikts gestellt wird, weil eine derartige Antragstellung (mangels entgegenstehender einschränkender Regelung in den Verfahrensvorschriften) dem Ankläger bis zum Schluss der Hauptverhandlung offen steht und daher aus Gründen der Logik nicht Bedingung der Verpflichtung zur Ladung des Medieninhabers zur Hauptverhandlung sein kann.

Verfehlt ist auch die aus seiner Argumentation hervorgehende Rechtsansicht des Einzelrichters, wonach die Verpflichtung zur Ladung des Medieninhabers zur Hauptverhandlung durch eine a priori-Verneinung des Ausschlussgrundes nach § 34 Abs 3a MedienG bedingt sein soll, kann die Verwirklichung dieses Ausschlussgrundes doch erst aufgrund der Verfahrensergebnisse zum Urteilszeitpunkt beurteilt werden. § 34 Abs 3a MedienG hat solcherart auf die Anwendung des § 41 Abs 6 MedienG keinen Einfluss, weil erst mit Rechtskraft des Urteils fest steht, ob ein Zitat iSd § 6 Abs 2 Z 4 MedienG vorliegt. Zudem sind Beweise über den in Rede stehenden Ausschlussgrund nur aufzunehmen, wenn sich der Medieninhaber darauf beruft (§ 8 Abs 3 MedienG), was voraussetzt, dass er am Verfahren teilnimmt.

Vorliegend wäre daher die Medieninhaberin Mediengruppe "Ö****" GmbH ungeachtet der nicht bereits zugleich mit dem Strafantrag erfolgten Antragstellung auf Urteilsveröffentlichung zur Hauptverhandlung zu laden gewesen. Da nicht allein der in Rede stehenden Verfahrensvorschrift des § 41 Abs 6 erster Satz MedienG nicht entsprochen, sondern überdies die Medieninhaberin ohne Beiziehung zum Verfahren zur Urteilsveröffentlichung verurteilt wurde, wurde auch deren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 6 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG; Art 6 Abs 1 EMRK) verletzt.