23.12.2010 Strafrecht

OGH: Zur Besetzungsrüge nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO

Bei Beurteilung, ob dem Bf der die Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO begründende Tatumstand schon vor (oder spätestens bis zum Ende) der Hauptverhandlung bekannt geworden ist, ist auf objektive Kriterien, nämlich die Zugänglichkeit des Tatsachensubstrats abzustellen


Schlagworte: Nichtigkeitsbeschwerde, Besetzungsrüge
Gesetze:

§ 281 Abs 1 Z 1 StPO

GZ 11 Os 90/10k, 17.08.2010

Die Besetzungsrüge behauptet, die Laienrichter wären nicht entsprechend der Reihenfolge der Dienstliste herangezogen worden. Dies sei dem Angeklagten erst nach der Hauptverhandlung und Urteilsverkündung zur Kenntnis gelangt. Erhebungen des Verteidigers am 22. und 23. Juni 2010 wären entsprechend dem angeschlossenen Aktenvermerk vom 23. Juni 2010 erfolglos geblieben.

OGH: Nach diesem Vorbringen ist der Bf seiner Rügeobliegenheit nicht rechtzeitig nachgekommen. Bei Beurteilung, ob dem Bf der die Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO begründende Tatumstand schon vor (oder spätestens bis zum Ende) der Hauptverhandlung bekannt geworden ist, ist auf objektive Kriterien, nämlich die Zugänglichkeit des Tatsachensubstrats abzustellen. Da in die von den Präsidenten der Landesgerichte zu führenden Dienstlisten für Geschworene und Schöffen (§ 13 Abs 1 GSchG) grundsätzlich von jedermann Einsicht genommen werden kann (§ 170 Geo), sind darauf bezogene Fehler spätestens am Beginn der Hauptverhandlung zugänglich; dass dem Bf vor der Hauptverhandlung das Einsichtsrecht verwehrt worden wäre, wurde nicht behauptet, im Besonderen ist dem Hauptverhandlungsprotokoll eine dann notwendige entsprechende Antragstellung, die der Kontrolle nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO unterläge, nicht zu entnehmen.

Im Übrigen liegt Nichtigkeit iSd Z 1 des § 281 Abs 1 StPO nur bei willkürlichem, mithin sachlich ungerechtfertigtem Austausch der Laienrichter vor; ein solcher ist angesichts der vom LG Innsbruck angeforderten (§ 285f StPO) Stellungnahmen nicht erkennbar.