06.01.2011 Strafrecht

OGH: Antrag auf Wiedereinsetzung iZm Versehen einer Kanzleiangestellten

Der Bewilligung der Wiedereinsetzung steht nicht entgegen, dass die Versäumung der Frist auf einem einmaligen Versehen einer Kanzleiangestellten beruht, sofern den Verteidiger, der angesichts deren Verlässlichkeit und Bewährung auf die selbständige und korrekte Wahrnehmung der an sie übertragenen Aufgaben vertrauen durfte, kein Organisationsverschulden (etwa in Form unterlassener Kontrolltätigkeit) trifft


Schlagworte: Wiedereinsetzung, unvorhersehbares Ereignis, Versehen einer Kanzleiangestellten, Organisationsverschulden
Gesetze:

§ 364 Abs 1 Z 1 StPO

GZ 13 Os 121/10h, 18.11.2010

Der Verteidiger bringt vor, seine Kanzleileiterin sei selbständig für die Eintragungen von Fristen in den Fristenkalender zuständig und erfülle diese Aufgabe seit mehreren Jahren zuverlässig und gewissenhaft. Im konkreten Fall habe sie erstmalig - somit für den Verteidiger unvorhersehbar - "übersehen", dass es sich vorliegend "um eine Strafsache handelt und die Gerichtsferien auf den Lauf der Rechtsmittelfrist keine Anwendung finden".

OGH: Wiedereinsetzung ist gem § 364 Abs 1 Z 1 StPO ua dann zu bewilligen, wenn die Einhaltung der Frist durch ein unvorhersehbares Ereignis unmöglich war, es sei denn, dem Verfahrensbeteiligten oder seinem Vertreter liegt ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last.

Nach stRsp steht der Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht entgegen, dass die Versäumung der Frist auf einem einmaligen Versehen einer Kanzleiangestellten beruht, sofern den Verteidiger, der angesichts deren Verlässlichkeit und Bewährung auf die selbständige und korrekte Wahrnehmung der an sie übertragenen Aufgaben vertrauen durfte, kein Organisationsverschulden (etwa in Form unterlassener Kontrolltätigkeit) trifft. Von einem derartigen Organisationsverschulden ist hier - ungeachtet der durchaus schweren Fehlleistung der Kanzleileiterin - nach dem nicht widerlegten und entsprechend bescheinigten Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers nicht auszugehen.