13.01.2011 Strafrecht

OGH: Recht auf eine eigenständige Untersuchung von - von einem Sachverständigen bereits befundeten - Beweisgegenständen?

Die StPO räumt den Angeklagten nicht das Recht ein, die Befundaufnahme des Sachverständigen durch den Vergleich mit den Ergebnissen einer eigenen Befundung von Beweisgegenständen mit dem Ziel des Nachweises in Frage zu stellen, dass solcherart richtigerweise ein anderer Befund zu erstatten gewesen wäre


Schlagworte: Sachverständige, Befundaufnahme, Privatsachverständige, eigene Befundung
Gesetze:

§§ 125 f StPO

GZ 15 Os 95/10z, 10.11.2010

OGH: Die StPO räumt den Angeklagten nicht das Recht ein, die Befundaufnahme (Feststellung beweiserheblicher Tatsachen; § 125 Z 1 StPO) des Sachverständigen durch den Vergleich mit den Ergebnissen einer eigenen Befundung von Beweisgegenständen (respektive durch einen sog "Privatsachverständigen") mit dem Ziel des Nachweises in Frage zu stellen, dass solcherart richtigerweise ein anderer Befund zu erstatten gewesen wäre. Denn auf eine Ersetzung des Befundes des - gerichtlichen - Sachverständigen durch eine eigene Befundung laufen die hier in Rede stehenden Anträge hinaus. Nach § 127 Abs 3 erster Satz StPO aber ist ein weiterer Sachverständiger (wenn sich die Bedenken nicht durch Befragung beseitigen lassen) nur dann beizuziehen und solcherart die Expertise eines Sachverständigen - im hier allein interessierenden Bereich des Befundes - nur dann in Frage zu stellen, wenn der Befund "unbestimmt" ist. Dies ist (nur dann) der Fall, wenn die Erörterungen des Sachverständigen nicht verständlich oder nicht nachvollziehbar sind oder dessen Ausführungen nicht klar zu entnehmen ist, welche Tatsachen er wahrgenommen hat, weiters dann, wenn der Sachverständige in seiner Expertise nicht darlegt, aus welchen Gründen er zu den von ihm festgestellten Tatsachen kommt und schließlich dann, wenn der Befund in sich widersprüchlich ist. Ein solcher Umstand wurde vom Bf aber nicht einmal behauptet. Der Befund des Sachverständigen kann somit nur aus sich selbst heraus, nicht aber durch den Vergleich mit einem eigenständig erhobenen Befund in Frage gestellt werden.