27.01.2011 Strafrecht

OGH: Vernehmung des Angeklagten über die gegen ihn erhobenen privatrechtlichen Ansprüche gem § 245 Abs 1a StPO

Durch Einfügung der Verpflichtung, den Angeklagten zu privatrechtlichen Ansprüchen zu hören, in die die Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung regelnde Bestimmung des § 245 StPO wollte der Gesetzgeber verdeutlichen, dass die Äußerung zu den privatrechtlichen Ansprüchen vom Angeklagten in eben dieser Parteistellung im Rahmen seiner Vernehmung abzugeben ist


Schlagworte: Vernehmung des Angeklagten, privatrechtliche Ansprüche, informelle Befragung
Gesetze:

§ 245 Abs 1a StPO

GZ 12 Os 156/10y, 11.11.2010

OGH: Nach der Bestimmung des § 245 Abs 1a StPO ist der Angeklagte auch über die gegen ihn erhobenen privatrechtlichen Ansprüche zu vernehmen und zur Erklärung aufzufordern, ob und in welchem Umfang er diese anerkennt (§ 69 Abs 2 StPO).

Durch Einfügung der - bis zum Inkrafttreten von BGBl I 2007/93 in § 365 Abs 2 StPO normierten - Verpflichtung, den Angeklagten zu privatrechtlichen Ansprüchen zu hören, in die die Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung regelnde Bestimmung des § 245 StPO wollte der Gesetzgeber verdeutlichen, dass die Äußerung zu den privatrechtlichen Ansprüchen vom Angeklagten in eben dieser Parteistellung im Rahmen seiner Vernehmung abzugeben ist. Die vorliegende informelle Befragung des Dominik K***** in dem abgesondert gegen den Angeklagten Peter S***** geführten Verfahren, in dem K***** nicht zu den Beteiligten des Hauptverfahrens (§ 220 StPO) zählte, kann somit die im Rahmen der Angeklagtenvernehmung vorzunehmende Befragung zu den privatrechtlichen Ansprüchen nicht ersetzen. Das die informelle Anhörung K*****s enthaltende Hauptverhandlungsprotokoll ON 19 wurde zwar in der Hauptverhandlung am 10. Dezember 2009 dargetan, doch ändert dies nichts daran, dass Dominik K*****, der in der zuvor erwähnten Hauptverhandlung bloß auf seine Angaben vor der Polizei verwies, zu keinem Zeitpunkt als Angeklagter zu den privatrechtlichen Ansprüchen vernommen wurde.

Die vom Angeklagten H***** vor der Polizei und in der Hauptverhandlung am 10. November 2009 generell bekundete Bereitschaft zur Schadensgutmachung vermag die von § 245 Abs 1a StPO geforderte Prozesserklärung zu den konkret in der Hauptverhandlung geltend gemachten Ansprüchen ebenfalls nicht zu substituieren.

Da der Vernehmungsverpflichtung des § 245 Abs 1a StPO bei keinem der beiden Angeklagten entsprochen wurde, verletzt der dennoch gem § 369 Abs 1 StPO erfolgte Zuspruch an die Privatbeteiligte das Gesetz.