10.03.2011 Strafrecht

OGH: Veruntreuung (iZm Geld)

Handelt es sich bei dem übergebenen Gut um vertretbare Sachen (zB Geld), kann man von einem "Anvertrauen" nur sprechen, wenn der Täter verpflichtet ist, ebensoviel derselben Art (zB einen gleich hohen Geldbetrag) ständig zur Rückgabe, Weitergabe oder Verwendung bereitzuhalten; daher sind Gelder, die der Täter bis zur vereinbarten Rückgabe, Weitergabe oder Verwendung für sich verwenden, etwa in eigenen Geschäften anlegen darf (wie Darlehen oder Geschäftseinlagen), nicht anvertraut


Schlagworte: Veruntreuung, anvertrautes Geld, Bank
Gesetze:

§ 133 StGB

GZ 14 Os 144/10y, 28.12.2010

OGH: Veruntreuung wird nach § 133 Abs 1 StGB - in objektiver Hinsicht - an einem Gut begangen, das dem Täter anvertraut worden ist. Unter "Gut" als tauglichem Tatobjekt versteht die Rsp auch (unkörperliche) Vermögenswerte, insbesondere bei einer Bank erliegendes Geld ("Giralgeld", also etwa ein Kontoguthaben, eine Spareinlage oder ein Wertpapierdepot). Ein Gut wird anvertraut, wenn es aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses - ungeachtet dessen zivilrechtlicher Natur oder Gültigkeit - in den ausschließlichen Gewahrsam (bei unkörperlichen Vermögenswerten: in die alleinige Verfügungsgewalt) des Täters mit der Verpflichtung übertragen wird, diese Verfügungsmacht entsprechend einer vereinbarten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht auszuüben. Handelt es sich bei dem übergebenen Gut um vertretbare Sachen (zB Geld), kann man von einem "Anvertrauen" nur sprechen, wenn der Täter verpflichtet ist, ebensoviel derselben Art (zB einen gleich hohen Geldbetrag) ständig zur Rückgabe, Weitergabe oder Verwendung bereitzuhalten. Daher sind Gelder, die der Täter bis zur vereinbarten Rückgabe, Weitergabe oder Verwendung für sich verwenden, etwa in eigenen Geschäften anlegen darf (wie Darlehen oder Geschäftseinlagen), nicht anvertraut.

Nach den Feststellungen habe der Bf durchwegs Bargeld veruntreut, wobei er - im Wesentlichen immer nach der gleichen Methode - seinen Kunden Wertpapiertransaktionen vorgetäuscht und in diesem Zusammenhang "mehrere, zeitlich unmittelbar hintereinander liegende Buchungen, und zwar Aus- und Einzahlungen von bzw auf Girokonten und Sparbücher der Kunden" durchgeführt habe, die "vorwiegend der Verwirrung der betroffenen Kunden" gedient hätten, "um eine Nachvollziehbarkeit der Bankgeschäfte zu erschweren bzw unmöglich zu machen". Die aus diesen Buchungen resultierenden Differenzbeträge habe sich der Bf mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zugeeignet, nachdem er die über die Bedeutung ihrer Erklärungen getäuschten Kunden Auszahlungsbelege habe unterschreiben lassen.

Weder diese noch die weiteren zu den einzelnen Schuldsprüchen getroffenen Konstatierungen bieten eine ausreichende tatsächliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Opfer dem Bf Geld im zuvor dargestellten Sinn anvertraut haben. Mit den - nach Überzeugung der Tatrichter im Übrigen durch Täuschung veranlassten - Verfügungen, Guthaben bar an sie auszuzahlen, entzogen die Opfer der Bank ihr Geld; ein "Anvertrauen" ist daraus gerade nicht abzuleiten. Sollte der Bf von den Kunden unterfertigte Auszahlungsbelege zum Zweck der Zueignung benötigt, er demnach keine (alleinige) Verfügungsgewalt über die betroffenen Kundengelder gehabt haben, stünde das wiederum der Annahme entgegen, diese Vermögenswerte könnten der (vom Bf vertretenen) Bank bereits zuvor anvertraut worden sein. Eine verlässliche Beantwortung scheitert jedoch an der auch in diesem Zusammenhang unzureichenden Feststellungsgrundlage zum konkreten Inhalt der jeweiligen Vertragsbeziehung zwischen den Opfern und der Bank.

Im zweiten Rechtsgang wird auf die Frage, ob und - falls ja - durch welche Handlungen dem Bf (der von ihm vertretenen Bank) ein Gut anvertraut wurde, besonderes Augenmerk zu richten sein.

Nicht Veruntreuung, sondern Betrug begeht der Täter, der einen Vermögenswert (mit von vornherein auf Schädigung und unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz) durch Täuschung herauslockt. In diesem Fall wird die Tat bereits durch die selbstschädigende Verfügung des Opfers (etwa die Unterfertigung eines Barauszahlungsbelegs) vollendet; eine nachfolgende Verwertung der betrügerisch herausgelockten Sache (und damit die unrechtmäßige Bereicherung) ist nicht gesondert als Veruntreuung zuzurechnen.

Sollte der Bf hingegen - was nach der Aktenlage ebenfalls nicht auszuschließen ist - eine ihm aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit den Opfern (und bankinterner Kompetenzvorschriften) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich (und mit Schädigungsvorsatz) missbraucht haben, um Kundengelder bar zu beheben und nur zur Verschleierung seiner Malversationen entsprechende Auszahlungs- oder sonstige Belege hergestellt haben, wäre dieses Verhalten unter dem Blickwinkel der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB zu prüfen.

Zur Vermeidung weiterer Fehler wird abschließend darauf hingewiesen, dass die Wertung des - bereits für den Tatbestand der Veruntreuung charakteristischen - Missbrauchs der Vertrauensstellung als Erschwerungsgrund einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) begründet.