24.03.2011 Strafrecht

OGH: Ermächtigung zur Strafverfolgung gem § 92 StPO

Nach § 92 Abs 2 erster Satz StPO muss ein angeklagtes Ermächtigungsdelikt ohne Vorliegen der Ermächtigung bei Einbringen der Anklage zu einer Verfahrenseinstellung führen, wenn die Akten nur Indizien enthalten, die die Subsumtion des angeklagten historischen Sachverhalts als derart vorgegebenen Prozessgegenstand lediglich unter das in Frage kommende Ermächtigungsdelikt ermöglichen; umgekehrt hindert jedoch eine rechtsirrige Subsumtion eines den Tatbestand eines Offizialdelikts herstellenden Angeklagesachverhalts durch die Staatsanwaltschaft als Ermächtigungsdelikt Anberaumung und Durchführung einer Hauptverhandlung darüber auch ohne Vorliegen einer Ermächtigung sowie - im Fall der Erweislichkeit - einen (formell) anklageidenten Schuldspruch nicht


Schlagworte: Ermächtigung zur Strafverfolgung
Gesetze:

§ 92 StPO

GZ 11 Os 172/10v, 20.01.2011

OGH: Nach § 218 Abs 3 StGB ist ein des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach Abs 1 leg cit Beschuldigter nur mit Ermächtigung der belästigten Person zu verfolgen.

Dass die Verurteilung auf Ermächtigungen der B oder der K gründet, ist dem - in gekürzter Form ausgefertigten - Urteil nicht zu entnehmen. Der Hauptverhandlung sind die Genannten, die jeweils als Opfer geladen waren, ferngeblieben. Auch die Protokolle über die Vernehmung der beiden Zeuginnen vor der Polizeiinspektion enthalten keine entsprechenden Erklärungen. Letztlich liegt auch ein - als Ermächtigung geltender (§ 92 Abs 2 letzter Satz StPO) - Anschluss der Opfer als Privatbeteiligte nicht vor. Die bloße Anzeigeerstattung stellt keine Ermächtigung dar.

Die Anberaumung und Durchführung einer Hauptverhandlung aufgrund des - entgegen § 92 Abs 2 erster Satz StPO - ohne Ermächtigung eingebrachten Strafantrags wird von der Generalprokuratur zwecks Klärung der - ohne weitere Beweisaufnahme nicht sofort zwingend verneinbaren - Frage, ob der angeklagte historische Sachverhalt allenfalls unter § 218 Abs 2 StGB subsumierbar wäre, hingegen als vertretbar erachtet.

Dem vermag sich der OGH so nicht anzuschließen: Die gegenüber dem alten Recht (§ 2 Abs 5 vorletzter Satz StPO idF vor dem StPRG BGBl I 2004/19) enger gefasste Bestimmung des § 92 Abs 2 erster Satz StPO (idgF) muss vielmehr bei einem angeklagten Ermächtigungsdelikt ohne Vorliegen der Ermächtigung bei Einbringen der Anklage zu einer beschlussmäßigen Verfahrenseinstellung (hier nach § 451 Abs 2 StPO) führen, wenn die Akten (unbeschadet einer allfälligen rechtlichen Einordnung als Offizialdelikt in der Anklage) - wie hier - nur Indizien enthalten, die die Subsumtion des angeklagten historischen Sachverhalts als derart vorgegebenen Prozessgegenstand lediglich unter das in Frage kommende Ermächtigungsdelikt ermöglichen. Umgekehrt hindert jedoch eine rechtsirrige Subsumtion eines den Tatbestand eines Offizialdelikts herstellenden Anklagesachverhalts durch die Staatsanwaltschaft als Ermächtigungsdelikt Anberaumung und Durchführung einer Hauptverhandlung darüber auch ohne Vorliegen einer Ermächtigung sowie - im Fall der Erweislichkeit - einen (formell) anklageidenten Schuldspruch nicht (§ 262 StPO).