13.10.2006 Arbeits- und Sozialrecht

EuGH: Art 141 EGV bewirkt keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters als entgeltbestimmenden Faktor - mit dem Ziel, die Berufserfahrung zu honorieren - zu rechtfertigen, es sei denn, der Arbeitnehmer liefert Anhaltspunkte, die geeignet sind, ernstliche Zweifel an diesem Ziel aufkommen zu lassen


Schlagworte: Sozialrecht, Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, Dienstalter
Gesetze:

Art 141 EGV

In seinem Urteil vom 03.10.2006 zur GZ C-17/05 hat sich der EuGH mit der Frage befasst, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen Art 141 EGV eine Verpflichtung des Arbeitgebers bewirkt, den Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters als entgeltbestimmenden Faktor zu rechtfertigen, wenn die Anwendung dieses Faktors Ungleichheiten bei der Vergütung zwischen zu vergleichenden männlichen und weiblichen Arbeitnehmern nach sich zieht:

EuGH: Es ist ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik, ua die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten. In der Regel ist der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters geeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Das Dienstalter geht nämlich mit der Berufserfahrung einher, und diese befähigt den Arbeitnehmer im Allgemeinen, seine Arbeit besser zu verrichten. Daher steht es dem Arbeitgeber frei, das Dienstalter bei der Vergütung zu berücksichtigen, ohne dass er dessen Bedeutung für die Ausführung der dem Arbeitnehmer übertragenen spezifischen Aufgaben darlegen muss.

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es Situationen geben kann, in denen der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters vom Arbeitgeber im Einzelnen gerechtfertigt werden muss. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer Anhaltspunkte liefert, die geeignet sind, ernstliche Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass im vorliegenden Fall der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters zur Erreichung des genannten Zieles geeignet ist. Dann ist es Sache des Arbeitgebers, zu beweisen, dass das, was in der Regel gilt, nämlich dass das Dienstalter mit der Berufserfahrung einhergeht und dass diese den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz zutrifft.